
Am Montag startet die Herbstsammlung der Caritas. „Not versteckt sich“, das ist eine Erfahrung der Caritas. Wir begegnen der Not anderer nicht mehr so offen wie früher. Es gibt sie trotzdem und auch der Sozialstaat kann nicht alles regeln. Darüber spricht in der Predigt zum Caritassonntag, Caritasvorstand Diakon Konrad Niederländer, am 26. Sonntag im Jahreskreis.
Zurzeit erleben wir eine enorme Steigerung der Energiekosten, eine hohe Inflation und immer höhere Lebenshaltungskosten. Die Schere zwischen Arm und Reich geht noch weiter auseinander. Diese Kluft ist aber keine neue Erscheinung des 21. Jahrhunderts, das zeigen uns die Lesungstexte des kommenden Sonntags, den wir als Caritas-Sonntag begehen.
Schon im 8. Jahrhundert vor Christus klagt der Prophet Amos die Reichen der Oberschicht Israels offen an. Er ermahnt die Selbstsicheren auf ihren Betten aus Elfenbein, die sich bei der Fleischbeschaffung bedienen können, wie sie wollen. Ihr Interesse richtet sich auf das Feiern von Festen und die Pflege ihrer Körper. Einen Blick für die Not anderer kennen sie nicht.
Ähnliche Zustände beschreibt Jesus in seinem Gleichnis: Drinnen hinter der Tür ein Reicher, er feiert täglich rauschende Feste. Draußen ein Armer namens Lazarus, er hungert und sehnt sich nach den Abfällen. Sein einziger Trost sind die Hunde, die an seinen offenen Geschwüren lecken. Nach seinem Tod wird er von den Engeln in Abrahams Schoß getragen und der Reiche leidet in der Unterwelt qualvolle Schmerzen, heißt es im Evangelium.
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Ist es ein Trost für die Armen dieser Welt, dass es erst nach dem Tod einen gerechten Ausgleich gibt? Haben nicht vor allem die Armen – aber auch wir alle – ein Recht auf ein lebenswertes Leben vor dem Tod? Eine Antwort finden wir im Namen „Lazarus“; er heißt übersetzt: „Gott hilft“!
Der Arme wird uns also als ein Mensch vorgestellt, der ganz aus der Hoffnung auf Gott lebt und dessen Hoffnung sich schließlich erfüllt: er wird getröstet und in Abrahams Schoß – als Ausdruck für das Paradies — getragen.
Wenn auch wir aus dieser Hoffnung leben, dann kann uns die Not des Anderen und die Not der Welt nicht gleichgültig sein. Dann können wir uns nicht damit abfinden, dass Menschen buchstäblich mit einem Leib voller Geschwüre leben müssen und ihren Hunger nicht einmal mit dem stillen können, was vom Tisch der Reichen herunterfällt.
„Not versteckt sich“, das ist eine Erfahrung unserer Caritas. Wir begegnen der Not anderer nicht mehr so offen wie früher. Es gibt sie trotzdem und auch der Sozialstaat kann nicht alles regeln.
Es gibt sie, die Kranken, die Einsamen, die Behinderten, Unterdrückten und Ausgegrenzten. Es gibt sie, die Kinder, die aufgrund der sozialen und finanziellen Situation keinen Schulabschluss oder keine Ausbildung machen können. Es gibt sie, die Frauen und Männer, die auf der Flucht sind, die keine Arbeit finden, die benachteiligt und auf Hilfe angewiesen sind.
Ich danke allen von Herzen, die sich für diese Menschen engagieren, unseren ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeitenden der Caritas und allen, die in diesen Tagen und darüber hinaus durch ihr Gebet, Ihre Mithilfe oder durch ihre Spende die Dienste der Caritas unterstützen.
„Gott hilft“- auch durch uns! Dann haben auch die Armen und Benachteiligten ein lebenswertes Leben vor dem Tod. Dann können sie durch uns spüren, dass wir die Botschaft des Evangeliums ernst nehmen. Dann können auch wir gewiss sein, dass unsere Zukunft nicht in der Unterwelt liegt, sondern im Schoß Abrahams. Dann kann der Name Lazarus auch Trost und Zuversicht für unser eigenes Leben sein.
Diakon Konrad Niederländer
Bischöflich Beauftragter Caritas Bistum Passau