
Eine der berühmtesten Bibelerzählungen überhaupt ist die von Mose am brennenden Dornbusch. Gott begegnet ihm dort auf dessen Frage 'Wer bist du?' mit der Antwort: Ich bin der, der ich bin! Gott steht außerhalb jeglicher Zeitrechnung. Damals wie heute dürfen wir Gott begegnen, wann und wo auch immer. Nichts anderes ist unser Glaube: Begegnung mit Gott. Mehr dazu von Kaplan Hubertus Kerscher in seiner Predigt zum 3. Fastensonntag am 20. März 2022.
Im heutigen Gottesdienst am 3. Fastensonntag lässt es Gott genau darauf ankommen. Wir hören eine der berühmtesten Bibelerzählungen überhaupt: Mose steht am brennenden Dornbusch. Dort ruft ihm Gott entgegen: „Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs.“ Gott hält dem Mose keine Theologie-Vorlesung über sich selbst: Abraham, Isaak und Jakob sind seine Visitenkarte. Was könnten diese Gestalten von Gott erzählen: Was sagt Abraham, der von ihm zu neuen Aufbrüchen geführt wurde und Zukunft und Nachkommen verheißen bekam? Was würde Isaak erzählen, der das Messer schon über seinem Kopf aufblitzen sah und dann doch gerettet wurde? Was Jakob, der mit Gott am Fluss Jabbok sogar in einen Faustkampf gerät? Sie würden uns von einem befreienden und rettenden Gott berichten, aber auch von einem, der streitbar und unergründlich ist. Jeder auf seine Weise – und darauf kommt es an: Gott ist ein Gott der Geschichte – der Menschengeschichten. Jeder erkennt ihn auf seine Weise. Deshalb könnte man die Liste fortführen: Er ist der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, der Gott Moses und der Gott von Hubertus, Stefan und Kevin, von Yvonne, Martina und Jessica. Gott lässt sich in der Zeit wahrnehmen – in meiner Zeit!
Ihnen entgeht ein toller Beitrag!
Da ist aber noch mehr in der Erzählung vom Dornbusch. Mose merkt, dass etwas an diesem brennenden Strauch komisch ist: Brennen ist ein Vorgang in der Zeit mit einem Anfang und einem Ende: Etwas das brennt, verbrennt irgendwann und wird zu Asche. Nicht so in unserer Erzählung: Der Dornbusch brannte im Feuer, aber der Dornbusch verbrannte nicht. Eine geniale erzählerische Brechung: Obwohl Gott sich als einer vorstellen wird, den ich in der Zeit erkennen kann, der mir in meiner Geschichte begegnet, ist von Anfang an völlig klar: Gott steht auch außerhalb der Zeit. Er ist auch der ganz andere. Er ist der, der er ist. Unser Gottesbild ist mehr als Selbstreflexion und subjektive Geschichtsdeutung – unser Glaube ist Begegnung mit Gott, der befreit und rettet und herausfordert und der dabei aber alle Vorstellungen sprengen kann.
Dieser Fastensonntag und seine Lesung stellen uns wieder einmal die Frage: Wer bin ich – und wo finde ich Gott in meiner Geschichte — Gott, der so völlig anders ist und trotzdem Teil meines Lebens sein will?
Hubertus Kerscher
Kaplan im Pfarrverband Pocking