
In Krisenzeiten von Wachstum zu sprechen scheint auf dem ersten Blick sonderbar, trotzdem muss der Blick immer nach vorne und oben gerichtet sein. Wer immer nur nach hinten schaut oder den Kopf hängen lässt wird sich als Persönlichkeit kaum weiterentwickeln. Gleiches gilt auch für die Kirche. Mehr dazu von Bernhard Kirchgessner, Leiter Exerzitien- und Bildungshaus Spectrum Kirche, in seiner Predigt zum Christkönigsfest, dem 34. Sonntag im Jahreskreis, am 20. November 2022.
Sind Sie auch Fan des „Tatort“ aus Münster? Das Trio aus skurilem Kommissar Thiel, unterschätzter Assistentin Alberich und eitlem Gockel Prof. Boerne sorgen für Spannung und Unterhaltung. Immer wieder ist in den Folgen die Lambertikirche mit den Außenkäfigen zu sehen, die im 16. Jh zur Bestrafung der Wiedertäufer angefertigt wurden. Deren Zweck war die öffentliche Zurschaustellung von verurteilten Delinquenten, speziell von sog. Wiedertäufern. Sie standen am Pranger.
Ihnen entgeht ein toller Beitrag!
Ähnliches erlebt Jesus im heutigen Evangelium. Am Kreuze hängend, wird er von den römischen Soldaten als Pseudokönig verspottet und an den Pranger gestellt. Selbst seine engsten Freunde hatten mit Ausnahme des Johannes das Weite gesucht. Ob einer der ferngebliebenen Angsthasen an ein Weiterwirken Jesu und und seiner Botschaft und deren Verbreitung in der damals bekannten Welt gedacht hat? Wohl kaum! Da herrschte doch eher die Stimmung: Der Letzte bläst bittschön im Abendmahlssaal die Kerzen aus!
Sprung ins heute: Sind wir heute an das Ende der Ausbreitung dieser Botschaft in Europa gelangt? Nicht wenige prophezeihen der Kirche den Unter-gang. Sie kennen anscheinend das Wort Jesu an Petrus nicht: „Die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen!“ (Mt 16,18) Das ist bitte kein Freifahrschein zum Nichtstun, keine Aufforderung alles so zu belassen, wie es ist, aber ein Trost in stürmischer Zeit. Wie aber kann es mit Kirche weitergehen, gut weitergehen?
Für mich zeichnet die von Papst Franziskus ausgerufene Synode einen guten Weg vor, der sich in 5 Etappen entwickelt, die wir in Spectrum Kirche gegangen sind: 1. Wir haben uns auf den Weg gemacht. 2. Den Heiligen Geist angerufen. 3. Das Wort Gottes gehört. 4. Wir hörten, was der Hl. Geist der Kirche heute zu sagen hat. 5. Wir hörten einander zu, um in der Wortmeldung der anderen die Stimme des Hl. Geistes zu vernehmen. Gemeinsam fragten wir: Wo sehen wir die Aufgabe der Kirche in dieser Zeit? Wie kann sie heute ihrem Auftrag gerecht werden? Die Ergebnisse des Weges haben wir an den Bischof und nach Rom übermittelt.
Keiner kannte vorab die Ergebnisse, vielmehr waren alle offen für den Willen des Herrn und die Stimme des Heiligen Geistes. Mir macht das Mut, in mir weckt das Hoffnung, dass es trotz des uns umgebenden Sumpfes in der Kirche weitergeht. Nach gründlichem Ramadama gilt es den Blick nach vorne zu richten. Nicht wenige haben bereits resigniert und erwarten von Kirche nicht mehr viel. In Spectrum Kirche haben wir uns an Christkönig 2017 anders entschieden und beschlossen: „Wir wollen wachsen, geistlich wachsen!“ Damals haben wir eine Gebetsgemeinschaft gegründet, die den Herrn genau darum bittet: Um Wachstum in Glaube, Hoffnung und Liebe, um Wachstum der Spectrum Gemeinschaft.
Damit Sie mich recht verstehen: Wir sind weder besser noch klüger als andere, aber wir sind nicht bereit zu resignieren, denn wir sind überzeugt: Kirche kann wachsen, wenn sie wachsen will. Als Jesus auf Gologota am Pranger hing, hat keiner auch nur eine Drachme für ihn und seine Botschaft gegeben – und es kam anders, ganz anders. Mit seiner Hilfe können und werden wir auch heute wachsen – einzeln und in Gemeinschaft. Wir müssen es nur wollen!
Bernhard Kirchgessner
Leiter Exerzitien- und Bildungshaus Spectrum Kirche