
„Wahre Worte sind nicht schön. Schöne Worte sind nicht wahr ...“ so beginnt ein Gedicht des legendären chinesischen Philosophen Laozi, der im 6. Jahrhundert vor Christus gelebt haben soll — auch die Lehre Jesu empfinden viele Menschen als unbequem und möchten sie deshalb abmildern, so Pfarrer Peter Kieweg in seiner Predigt zum 21. Sonntag im Jahreskreis.
Mit dem Evangelium dieses Sonntages beenden wir unseren kleinen Ausflug in das sechste Kapitel des Johannesevangeliums.
Begonnen hat diese kleine Expedition mit der Erzählung von der Speisung der Fünftausend; Johannes spricht von einer großen Menschenmenge. Auch ein Ortswechsel ans andere Ufer des Sees scheint die Menge nicht wirklich zu schmälern. Die Leute fahren ihm hinterher nach Kafarnaum. Dort hält Jesus dann jene Predigt, die wir die eucharistische Brotrede nennen.
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Während dieser wird durch so manch kritische Frage aber zunehmend deutlich, dass zwar nicht die Menge an sich, aber die zustimmende, begeisterte Menge kleiner wird. Dieser Konflikt spitzt sich zu im letzten Abschnitt, den wir heute hören, und der beginnt mit der Notiz, dass viele, die Jesus zuhören, resümieren: „Diese Rede ist hart. Wer kann sie hören?“ Am Ende hält Johannes fest, dass sich sogar viele seiner Jünger zurückziehen und Jesus die Gefolgschaft aufkündigen. Jetzt schrumpft die Menge an sich.
Man nennt dieses Momentum die „galiläische Krise“. Man könnte es auch eine erste Form von Kirchenkrise nennen mit offensichtlich massiven Austrittszahlen. Wir spüren, wie nah diese Situation von damals unsere heutige berührt. Die Aussagen Jesu aus der Brotrede sind heute weniger ein Stein des Anstoßes; wir können heute das Problem, das die Zuhörer Jesu gehabt haben, vielleicht sogar kaum mehr nachvollziehen. Gegenwärtig sind andere Aussagen der Kirche für viele anstößig, hart, unerträglich und so Grund für einen Austritt. Die Lösung, die viele sehen, liegt scheinbar auf der Hand: Die anstößigen, harten, unerträglichen Lehraussagen streichen, ändern, mindestens deutlich abmildern. Jesus würde das sicher so machen, so die These.
Das Evangelium heute zeigt uns aber einen Jesus, der trotz Kritik, ja sogar trotz massiver Austrittszahlen aus dem Jüngerkreis bei seiner Lehre bleibt; nichts davon streicht er, ändert er oder mildert er ab. Das sollte uns zu denken geben. Er setzt sogar noch eines drauf und provoziert die Zwölf: „Wollt auch ihr weggehen?“ Simon Petrus spricht für die Verbliebenen: Wir wollen bei Dir bleiben. Wir können dazu denken: Wir verstehen Dich zwar auch nicht in allem und haben mit Dir, Deinen Worten, Deinem Weg zu ringen, aber wir spüren: Du hast Worte des ewigen Lebens. Wir bleiben: bei Dir, und das heißt auch: in Deiner Gefolgschaft, in Deiner Kirche
Pfarrer Peter Kieweg