
Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie! Dieser bekannte Satz von Jesus zur Verurteilung einer Ehebrecherin lässt uns hoffen. Wir dürfen auf einen barmherzigen Gott vertrauen, der uns reuigen Sündern immer wieder vergibt. Und er appelliert damit an unser gottgegebenes, menschliches Gewissen. Mehr dazu von Pastoralreferentin Teresa Aigner in ihrer Predigt zum 5. Fastensonntag am 3. April 2022.
Scheinwerfer an, die Szene beginnt. Die Scheinwerfer zeigen auf eine Frau. Sie wird von einer Menge in die Mitte gezerrt, zu Jesus gezerrt. In den Augen der Menge ist sie schon verurteilt. Ehebrecherin. Nicht mehr wert, zu leben. Die Scheinwerfer wandern, zu Jesus. Jesus scheint ganz ruhig, von außen betrachtet vielleicht sogar etwas gelangweilt. Abgelenkt schreibt er mit einem Stock in den sandigen Boden. Ich frage mich, was er schreibt. Merkt er sich die Namen der Ankläger, schreibt er das Gesetz auf. Oder? Wir wissen es nicht. Doch durch diese Aktion lenkt er die Aufmerksamkeit weg von der Frau, auf sich. Nun die Anklage: Die Frau hat Ehebruch begangen. Nach dem Gesetz muss sie getötet werden, öffentlich gesteinigt. Egal, für welche Seite sich Jesus entscheidet, es kann nicht gut ausgehen. Entscheidet er sich gegen die Durchsetzung des Gesetzes oder gegen seine Botschaft eines barmherzigen Gottes? Es ist das, was wir landläufig ein richtiges Dilemma nennen. Die Spannung steigt. Und dann, dieser Satz: Wer von euch ohne Sünde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie!
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Damit hat wohl keiner der Pharisäer und anderen, wohl hauptsächlich männlichen Zuschauer gerechnet. Und Jesus, schreibt weiter auf den Boden. Durch diesen Satz richtet Jesus auf einmal die Scheinwerfer auf die Menge. Auf jeden einzelnen Menschen, der dabeisteht. Er wirft jeden und jede von ihnen zurück auf sich selbst, zurück auf ihr Gewissen. Keiner kann sich nach diesem Satz mehr in der Menge verstecken. Wer ohne Sünde ist. Nach der Befragung ihres Gewissens, kann und will keiner mehr einen Stein werfen. Einer nach dem anderen verlässt still die Szene. Es fällt kein lautes Wort. Jede und jeder ist mit sich und seinem Gewissen beschäftigt, mit dem, dass wohl niemand perfekt und ohne Sünde ist. Die Scheinwerfer wandern zurück zu Jesus und der Frau. Jesus richtet das Wort an die Frau: Hat dich keiner verurteilt? Nein Herr, keiner. Und weiter: Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr. Jesus spricht kein Urteil. Er wirft auch die Frau auf ihr Gewissen zurück. Bestraft sie nicht noch mehr. Er weiß wohl auch, dass die sozialen Umstände der Frau Buße genug sein werden.
Scheinwerfer auf uns. Jesus wirft hier auch uns auf unser eigenes Gewissen zurück. Er macht sich stark für die Gewissensfreiheit, für unser Gewissen, in dem, wie schon Augustinus sagt, wir die Stimme Gottes hören. Es ist oft leichter, nicht auf mein Gewissen zu hören, sondern einfach mit der Menge mitzurennen, nicht selbst denken zu müssen. Doch gerade in der Fastenzeit will ich mehr auf mein Gewissen, auf meine innere Stimme hören. Und vielleicht auch öfter sagen: Nein, hier mache ich nicht mit.
Teresa Aigner
Pastoralreferentin