
Wie bewusst Hören Sie? Ganz ehrlich? Im Alltag richtig und bewusst hinzuhören, ist oft gar nicht so leicht und nahezu eine Kunst. Ganz zu schweigen, wenn es um die eigene Stimme des Herzens geht. Wie sehr das aber für unser Glaubensleben ausschlaggebend ist, erfahren Sie von Helmut Reiner, Domkapitular i.R. in seiner Predigt zum 17. Sonntag im Jahreskreis am 30. Juli 2023.
Als König Salomo die Herrschaft antrat, gab ihm sein Vater David, der im Sterben lag, nicht nur den Rat, stark und mannhaft zu sein. Er soll auch die Pflichten gegen- über Gott erfüllen. Was wir sonst von der Fee in Märchen kennen, passierte Salomo im Traum. Er darf sich von Gott etwas wünschen. In der atl. Lesung des Sonntags hören wir: der junge König, der Verantwortung über ein großes Reich hatte, wünschte sich ein hörendes Herz, um richtig zu regieren und das Böse vom Guten unterscheiden zu können. Salomo wünscht sich nicht, dass alle seinen Befehlen gehorchen. Zuerst will er mit ganzem Herzen hinhören, was andere bewegt. Vom Wort Hören gibt es viele Ableitungen: Gehorchen. Wir sagen: „Das gehört mir!“ oder „wir gehören zusammen“. Man kann jemand aushorchen oder verhören oder zu jemanden sagen: „Das gehört sich nicht!“. Wir kennen auch das Sprichwort: „Wer nicht hören will, muss fühlen“.
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Hören ist einer unserer fünf Sinne: Dazu hat uns Gott zwei Ohren gegeben, aber nur einen Mund. Bei uns ist es oft umgekehrt: Statt richtig hinzuhören, fallen wir anderen ins Wort. Wir wollen unsere Sicht loswerden, bevor wir das Anliegen des Gegenüber vollständig angehört haben. Das erste Wort im Prolog der Ordensregel des Heiligen Benedikt mit 71 Kapiteln lautet „Höre!“ Das 3. Kapitel regelt: Wenn Wichtiges im Konvent beraten wird, sollen alle angehört werden, auch die Jüngeren. Dass Salomo sich nicht langes Leben, Reichtum und den Tod der Feinde gewünscht hat, gefiel Gott. Er bekam ein weises und verständiges Herz. Das kennen wir aus dem „salomonischen Urteil“. Als der König im Streit zweier Mütter um ein Kind, das andere war verstorben, die echte Mutter herausfinden sollte, befahl er das Kind mit dem Schwert zu teilen. Da meldete sich die Liebe der richtigen Mutter: „Gebt der anderen das Kind, tötet es nicht!“ Das weise und verständige Herz im Hören auf Gott hat Salomo nicht bis an sein Lebensende durchgehalten. Er wurde auch brutal; um seine Herrschaft zu sichern, verfiel dem Götzendienst und der Vielweiberei. Ich wünsche nicht nur einen guten Sonntag, sondern, dass wir auf die Stimme unseres Herzens hören und die Warnungen des Gewissens nicht überhören.
Helmut Reiner
Domkapitular i.R.