
Das Neue Testament ist durchtränkt von Hinweisen seinem Nächsten zu vergeben und ihn niemals zu verurteilen. Und doch fällt es uns selbst über 2000 Jahre später noch schwer uns daran zu halten. Mehr dazu von Pfarrer Michael Nirschl in seiner Predigt zum 31. Sonntag im Jahreskreis am 30. Oktober 2022.
Gott liebt den Sünder, aber er hasst den Sünder! Das ist ein Wesenszug Gottes! Im Evangelium an diesem Sonntag wird das ziemlich gut sichtbar. Der Evangelist Lukas berichtet uns von der Begegnung zwischen Jesus und dem Zöllner Zachäus. Zachäus arbeitet für die Römer, ist also von Haus aus unten durch bei seinen Landsleuten. Neben den Zollabgaben kassiert er fleißig in die eigene Tasche hinein. So ist es fast logisch, wenn er von den Menschen verachtet wird und bei ihnen kein Ansehen hat.
Dann kommt Jesus in die Stadt. Ob es die pure Neugierde ist oder ihn doch eine tiefe Sehnsucht antreibt wissen wir nicht. Zachäus jedenfalls lässt keinen Versuch aus, um Jesus zu sehen. Am Ende landet er auf einem Baum. Wenn es stimmt, dass Jesus die Sünder liebt, dann verwundert es nicht, was jetzt kommt: Jesus macht das, was Zachäus wahrscheinlich schon lange nicht mehr erlebt hat: Er geht auf ihn zu, schaut ihn an, schenkt ihm ein Ansehen und spricht ihm beim Namen an. Wenn Jesus dann zu ihm sagt: „Zachäus, komm schnell herunter! Denn ich muss heute in deinem Haus zu Gast sein!“ – dann klingt das wie die Aufforderung: „Schnell, komm weg von deinem bisherigen Leben! Kehr um, denn ich muss dir Versöhnung schenken!“ Das Wunder geschieht! Am Ende stellt Jesus fest: „Heute ist diesem Haus das Heil geschenkt worden!“
Ihnen entgeht ein toller Beitrag!
Jesus sieht in ihm nicht den verhassten Zöllner, sondern einen von Gott geliebten Menschen. Deshalb schaut er ihn nicht mit den Augen des Richters an, sondern mit den Augen der Barmherzigkeit. Jesus macht deutlich: Gott hasst zwar die Sünde, aber nicht den Sünder. Gott ist immer wieder bereit, einen Menschen anzunehmen, wenn er sich nur von Gott lieben lassen will. Zachäus hatte den Mut, umzukehren und einen neuen Anfang zu wagen. Er hat am eigenen Leib gespürt: Je größer die Sünde, desto größer die Barmherzigkeit Gottes! Er hat erfahren: Gott ist einer, der nicht erst dann Heil schenkt, wenn der Sünder brav umgekehrt ist, sondern der das Heil schenkt, damit der Sünder umkehren kann.
Evangelium ist immer auch die frohe Botschaft an Sie und an mich! Auch uns gilt: Gott liebt den Sünder, aber er hasst die Sünde! Er schenkt das Heil, damit wir immer wieder umkehren können! Was bedeutet das? Wenn ich mich einerseits im Zöllner Zachäus wiederfinde? Oder wenn mir andererseits gerade die Menschen näher sind, die Zachäus mit Hass und Verachtung begegnen? Jesus will, dass wir Gottes grenzenlose Barmherzigkeit annehmen und zulassen. Er will durch und mit uns in die Welt hineinwirken. Er hat den ersten Schritt längst getan. Immer wieder liegt es an uns, ob wir ebenso dazu bereit sind.
Mit dem Wort Jesu: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!“ wünsche ich Ihnen allen einen gesegneten Sonntag!
Michael Nirschl
Pfarrer im Pfarrverband Waldkirchen