
Die Trinität (Dreieinigkeit) Gottes im christlichen Glauben führt bei dem ein oder anderen Gläubigen oftmals zur Verwirrung. Zu wem soll man denn jetzt eigentlich beten? Eine einfache und bildhafte Antwort darauf gibt Dompropst Dr. Michael Bär in seiner Predigt zum Dreifaltigkeitssonntag am 4. Juni 2023.
Liebe Gläubige!
Zu wem beten Sie? Zu Gott, dem Vater oder zu Jesus Christus oder vielleicht gar zum Heiligen Geist? Wir feiern ja heute den Dreifaltigkeitssonntag, wir Christen glauben an einen Gott in drei Personen. An wen soll ich mich also wenden? Die Theologen haben dafür eine kluge Antwort gefunden. Richtigerweise beten wir zum Vater, er ist der eigentliche Adressat aller Gebete. Unsere Bitten senden wir aber zum Vater durch Jesus Christus. Er ist quasi unser Ansprechpartner. Dieses Gebetsgeschehen spielt sich ab im Heiligen Geist, das bedeutet in einer guten, kreativen Atmosphäre. Also: Wir beten zum Vater durch den Sohn im Heiligen Geist.
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Meinen trinitarischen Glauben haben allerdings nicht dogmatische Sätze, sondern Bilder geprägt. In der Hauskirche von Sankt Max, wo ich Seminarist war, hängt der sog. Große Herrgott von Passau, ein romanisches Kruzifix. Es verbindet die göttlichen Personen Vater und Sohn. Die in sich ruhende, königlich anmutende Gestalt des Gekreuzigten erinnert an den Herrgott, an den Vater. Doch freilich bleibt es ein Kreuz, das Marterinstrument, an dem Jesus gelitten hat und für uns gestorben ist. Noch heute hängt der Große Herrgott in der Andreaskapelle und ich sehe in ihm ein einprägsames Gottesbild. Im Dom fällt der Blick des Beters auf den Hochaltar mit der Steinigung des Stephanus. Darüber — also in die himmlische Sphäre hat der Künstler den dreifaltigen Gott hineingestellt. Gottvater sitzt als würdevoller alter Mann auf einem Stuhl, daneben steht zu seiner Rechten Jesus Christus. Er strahlt Dynamik aus, ihn hält es nicht auf seinem Platz. Er hat die Arme erhoben so als wollte er die Botschaft von der Auferstehung in die Welt hinausschreien. Die zu einem großen Kreis geöffneten Kreuzbalken vereinen die beiden Gottvater und Gottsohn. „Ich und der Vater sind eins“, hören wir häufig von Jesus. Hoch droben sehen wir die Geisttaube, die ihre Strahlen herabsendet. Sie korrespondiert mit den beiden allegorischen Gestalten, die unter der Dreifaltigkeit schweben: Die Kirche und die Synagoge. Die Geistsendung an Pfingsten markiert die Geburt der Kirche, das Blutzeugnis von Märtyrern wie Stephanus verleiht der jungen Kirche Glaubwürdigkeit und damit Wachstum. Von der Synagoge, der jüdischen Glaubensgemeinschaft sagt die Kirche sich los, sie geht einen eigenen, neuen Weg.
Zu wem bete ich also? Ich richte meine Gebete meist einfach an den guten, lieben Gott. Dann hoffe ich auf die Schöpferkraft des Vaters, auf die Erlösungskraft des Sohnes und auf die Geisteskraft der dritten göttlichen Person. Und ich vertraue fest darauf, dass meine Gebete ankommen. Amen.
Dr. Michael Bär
Dompropst