Haben wir Christen noch Hoffnung? Diese Frage stellt Domvikar Dr. Bernhard Kirchgessner eingangs in seiner Predigt zum 6. Sonntag der Osterzeit am 17. Mai 2020. Denn die Aufforderung aus dem 1. Petrusbrief der zweiten Lesung dieses Sonntags lautet: "Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt."
„Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt.“ Diese Aufforderung findet sich im 1. Petrusbrief, aus dem an diesem Sonntag die zweite Lesung verkündet wird. Eine starker Satz! Eine Herausforderung, diese Aufforderung!
Fragt uns denn in dieser Gesellschaft überhaupt noch jemand nach der Hoffnung? Sind nicht zumindest Teile der Kirche in der Krise so still geworden, dass man den Eindruck gewinnen konnte, die haben alle Hoffnung fahren lassen und sind auf Tauchstation gegangen? Ist Kirche noch systemrelevant oder…? Die Politik hat uns in den zurückliegenden Wochen nicht unbedingt Systemrelevanz attestiert und das Verhalten in mancher Pfarrei sprach auch nicht unbedingt dafür.
Erfüllt uns überhaupt noch Hoffnung? Strahlen wir – trotz Corona — noch Optimismus und Freude aus? Oder haben wir angesichts sich leerender Kirchenbänke und flauer Kirchenkassen die Hoffnung nicht längst fahren lassen?
Ihnen entgeht ein toller Beitrag!
Mir ist bewusst, dass dies unangenehme Fragen sind, doch Fragen von Dringlichkeit und Wichtigkeit, denn wir hätten ja eine hoffnungsfrohe Botschaft für diese Welt, eine Frohbotschaft von absoluter Systemrelevanz und diese lautet: Gott liebt jeden Menschen – so sehr, dass er in Christus für jeden einzelnen sein Leben hingibt. Und so wünscht er sich nichts mehr, als dass jeder Einzelne auch ihn von ganzem Herzen lieben möge. Im Evangelium dieses Sonntags klingt das mit den Worten Jesu so: „Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt.“ Das ruft also nach der konkreten Tat der Liebe.
Und ein weiteres Wort Jesu zeugt von seiner Liebe zu uns Menschen: „Ich bin in meinem Vater, ihr seid in mir und ich bin in euch.“ — Ihr seid in mir. Ein jeder Getaufte ist, so er dies nicht ausdrücklich durch seine Lebenspraxis widerruft, in Jesus und Jesus in ihm. Und da Jesus im Vater ist, sind wir folglich alle in Gott.
Erkennen wir die Tragweite dieser Worte? Wie wertvoll, wie wichtig, wie liebenswert muss jeder Mensch – die Betonung liegt auf jeder Mensch – sein, dass Jesus und durch Jesus Gott in einem jeden von uns wohnt. Im Psalm 8 bringt diese Überzeugung der Beter treffend zum Ausdruck, wenn er spricht: „Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst? Du hast ihn nur wenig geringer gemacht als Gott, du hast ihn gekrönt mit Pracht und Herrlichkeit.“ …“wenig geringer als Gott“.
Könnten wir das in seiner ganzen Tiefe und Tragweise verstehen, wir würden ganz anders mit uns selbst und unserem Nächsten umgehen und unser Herz wäre Gott gegenüber von großem Dank, echter Freude und tiefer Liebe erfüllt.
Bernard Kirchgessner,
Leiter Exerzitien- und Bildungshaus Spectrum Kirche Passau