
Nur wenn wir die geschlagenen Wunden, Verletzungen und Narben annehmen und in unser Leben integrieren, werden wir auch zu dem österlichen Frieden finden, den Jesus für uns will. Das betont Generalvikar Josef Ederer in seiner Predigt zum 2. Sonntag der Osterzeit, dem sog. "Weißen Sonntag" am 7. April 2024.
Halleluja, Jesus lebt! Christus ist auferstanden! Halleluja! Diese freudigen Hallelujarufe verbinden wir mit Ostern und singen sie voller Begeisterung. Ostern — ein triumphalistisches Sieges- und Glaubensfest. So hätten es manche gern. Doch irgendwie bleibt einem der Jubel von Jahr zu Jahr mehr im Hals stecken. Der zermürbende Angriffskrieg Russlands in der Ukraine, der Krieg im Nahen Osten, die humanitäre Katastrophe in Gaza, unzählige weitere Krisen, Kriege und Terroranschläge. Die Brutalität der Welt spiegelt sich wieder in der Brutalität des Karfreitags. Auch die alltäglichen Erfahrungen von Scheitern, Verrat, Schwäche, Krankheit, Leid und Tod, sind Karfreitagserfahrungen. Wer das erlebt hat, der kann nicht so einfach umschalten — von Karfreitag auf Ostern!
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Und das erleben wir auch in den Oster-Evangelien. Da ist zunächst mehr Erschrecken als Freude, mehr Verunsicherung als Glaube, mehr Fragen und Angst als Mut und Bekenntnis. So auch im heutigen Evangelium. Aus Furcht, verstört, verunsichert, traumatisiert und voller Angst, das selbe Schicksal zu erleiden wie Jesus, hatten die Jünger die Türen verschlossen und sich eingeschlossen. In diese verschlossene Welt tritt nun der auferstandene Christus, und ruft ihnen dreimal zu: Friede sei mit euch! Und zweimal geht es dann ausdrücklich um seine Wundmale. Nach dem ersten “Friede sei mit euch!” zeigt er den Jüngern seine durchbohrten Hände und seine offene Seite. Sie erkennen ihn und freuten sich. Beim dritten Mal bietet er dem Thomas — der vorher fehlte — an “Streck deinen Finger aus und sieh meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig.” Da wird auch dem Thomas klar: Ja, diese Person ist der gekreuzigte Jesus. Der tote Jesus lebt! Und Thomas bekennt: Mein Herr und mein Gott!
Gestärkt durch den Heiligen Geist sollen sie fortan wirken so wie Jesus gewirkt hat, das Evangelium verkündigen und sich für Versöhnung und Frieden einsetzen. Dreimal wünscht Jesus Christus den Jüngern: Schalom! Dieser Friede ist aber nur möglich, wenn man die geschlagenen Wunden, die Verletzungen und Narben wahrnimmt, annimmt und in das Leben integriert, so wie es bei Jesus Christus war. Auch nach der Auferstehung waren sie noch sichtbar — als wichtiger Teil seiner Identität.
Und ich denke nicht umsonst verbindet Jesus mit der Gabe des Heiligen Geistes als erste Aufgabe die Sündenvergebung. Auch wenn immer Wunden und Narben bleiben werden, ohne Vergebung kein Schalom, ohne Vergebung kein wirklicher Frieden. Diesen Frieden will Jesus aber für uns, weil nur mit ihm im Herzen wir wirklich heil werden können und wirklicher österlicher Jubel uns und die Welt erfüllen kann.
Friedvolle Ostern!
Josef Ederer
Generalvikar