
Leichter geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt. So heißt es im Evangelium zum 10. Oktober 2021. Die Frage nach dem Reichtum hat damals schon Jesus, seine Jünger und Gläubige beschäftigt - und tut es bis heute. Mehr dazu von Domkapitular Anton Spreitzer in seiner Predigt zum 28. Sonntag im Jahreskreis.
Reichtum und Reich Gottes. Darum geht es heute im Evangelium. Ein Mann will von Jesus wissen, was er tun muss, um das ewige Leben zu gewinnen. Jesus erinnert ihn an die Zehn Gebote. Die hält der Mann schon sein Leben lang. Dann fehlt dir noch eines, sagt Jesus: „Geh, verkaufe, was du hast, gib es den Ar-men und du wirst einen Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach!“ Der Mann geht traurig weg – „denn er hatte ein großes Vermögen“, heißt es im Evangelium.
Die Frage nach dem Reichtum war für Jesus und seine Jünger, aber auch für die ersten Christen ein wichtiges Thema. Denn: Reichtum kann gefährlich sein; er kann verhindern, dass sich Menschen auf Gott und seine Botschaft einlassen. „Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz“, sagt Jesus in der Bergpredigt. Und im heutigen Evangelium heißt es: „Wie schwer ist es für Menschen, die viel besitzen, in das Reich Gottes zu kommen! […] Leichter geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes gelangt.“
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Wir verstehen die Jünger, wenn sie fragen: „Wer kann dann noch gerettet werden?“ Ja, das ist eine gute Frage. Denn wer kann das schon: um Gottes willen alles herzu-geben und nichts mehr zu haben! Wir können Menschen, die das können, nur be-wundern. Der hl. Franziskus ist einer von ihnen. Jesus weiß das: „Für Menschen ist das unmöglich“, sagt er, „aber nicht für Gott; denn für Gott ist alles möglich.“
Reichtum und Besitz schließen Menschen nicht automatisch vom Reich Gottes aus; die Reichen sind nicht einfach die Bösen. Es ist nicht unmöglich, mit Besitz Jesus nachzufolgen. Auch unter den ersten Christen gab es solche Menschen. Die Frage ist nur, was man mit seinem Besitz tut, wie man damit umgeht. Besitz ist nichts Totes, Materielles, das einfach da ist; Besitz kann Macht ausüben auf den, der etwas hat; es kann sein Herz besetzen, kann zum Wichtigsten werden, sogar zum Gott. Darum warnt Jesus: „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mam-mon“.
Das Bild mit dem Kamel und dem Nadelöhr kann man vielleicht so verstehen: Der Reiche käme ohne Probleme hindurch; nur wenn er den großen Sack mit all seinem Besitz versucht, hinter sich durch das Nadelöhr zu ziehen, bleibt er jämmerlich hän-gen. Dabei wäre es so einfach: Er braucht nur loszulassen – und der Weg ins Reich Gottes ist kein Problem mehr. Sicher, das klingt einfacher als es ist. Das wissen wir alle; wir alle hängen mehr an Dingen als gut ist für uns. Aber es ist nicht unmöglich, wie wir gehört haben. Für Gott ist alles möglich.
Die einen können äußerlich alles weggeben; sie sind die Franziskusse dieser Welt. Die anderen können zumindest innerlich loslassen. Das ist nicht das Optimum, aber es ist ein Anfang. Und manchmal ist ein Anfang mehr als man meint.
Anton Spreitzer
Domkapitular