Sich als Mensch in manchen Situationen hilflos und ohnmächtig zu fühlen ist vollkommen natürlich und gehört zu den Erfahrungen des Menschseins. Und doch müssen wir in diesem hoffnungslosen Zustand nicht verharren, sondern dürfen auf die Hilfe des Allmächtigen vertrauen.
Jede Schlucht soll aufgefüllt werden, jeder Berg und Hügel sich senken, was krumm ist soll gerade werden, was uneben ist, soll eben werden, und alle Menschen sollen das Heil sehen, das von Gott kommt. In mir klingt diese Heilszusage aus dem Buch des Propheten Jesaja, die das heutige Sonntagsevangelium zitiert deshalb so schön, weil sie von Georg Friedrich Händel in seinem Offatorium ‚Messias‘ so eindringlich und brillant vertont wurden.
Geschichtlich wissen wir, dass das Schicksal des Volkes Israel völlig anders verlief: Seit 70 n. Chr. bis 1948 lebte dieses Volk ausschließlich im Exil und war immer wieder Verachtung und Verfolgung ausgesetzt bis hin zur der Schoa. Trotzdem haben sich die Juden bis heute den hoffnungsvollen Gruß bei einem jeden Abschied bewahrt: ‚Nächstes Jahr in Jerusalem.’ Dieser Gruß ist ein Zeichen dafür, dass bei allen schweren Erfahrungen, diese Hoffnung auf Rettung und Heil die Lebensgrundlage bildet für einen Weg im Heute, der offen ist für die Zukunft. Immer wieder erfahren wir, dass Mächtige ihre Macht missbrauchen und Anvertraute ohnmächtig und ungerecht behandelt werden.
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Auf dieser Folie erzählt das Lukasevangelium die Sendung Johannes des Täufers. Alle Mächtigen werden ausdrücklich genannt, Kaiser, Stadthalter, Hohepriester.
Der Ruf Gottes geht nicht an sie, an die Mächtigen der Zeit.
Der Ruf Gottes geht an den Propheten Johannes in der Wüste.
Der Ohnmächtige lässt sich vom Allmächtigen an den Jordan rufen ohne die Mächtigen der Zeit zu fürchten. Er ermutigt Menschen nicht in ihrer Ohnmacht stecken zu bleiben, sondern durch Umkehr und Taufe, die Heilsperspektive der alten Propheten zu verlebendigen. Mit dem Perspektivenwechsel schauen sie weg von den scheinbar Mächtigen, die sie so Ohnmächtig erscheinen lassen, hin auf den Allmächtigen, der sie in dieser Hoffnung zu neuen Leben in Gerechtigkeit und Frieden ermächtigt.
Auch in unserer bedrängten Zeit, in der wir im Angesicht übermächtiger Bedrohung uns ohnmächtig fühlen, dürfen uns die prophetischen Bilder, die uns mit unseren älteren jüdischen Geschwistern verbinden einen Horizont der Hoffnung aufspannen.
Von Herzen wünsche ich Ihnen und Ihren Lieben, dass diese nun bereits zweite Adventszeit in der Corona-Pandemie, die uns so viel abverlangt, doch eine Zeit der Hoffnung wird: Weil wir glauben dürfen, dass wir nicht nur den Mächten dieser Zeit ausgeliefert sind, sondern unser Leben unter der treuen Zusage des Allmächtigen steht, und wir so Leben nicht primär erleiden müssen, sondern aktiv verantworten und gestalten können.
Pfarrer Anton Haslberger