Was ruft ein Bayer in tiefer Not die Dreifaltigkeit an? Jessas, Mar ant Josef! Jesus, Maria und Josef (aus dem Altbairischen übersetzt). Das ist eine der zahlreichen Deutungen von Dreifaltigkeit. Welche sonst noch hinter dem "Bayerischen Herrgott" stecken erklärt Dompropst Dr. Michael Bär in seiner Predigt zum Dreifaltigkeitssonntag am 7. Juni 2020.
Liebe Schwestern und Brüder,
wissen Sie, wer gemeint ist, wenn man vom „Bayerischen Herrgott“ spricht? Nein nicht Markus Söder, der mächtige Ministerpräsident der Bayern, übrigens auch nicht Gottvater im Himmel. Nein. Im bayerischen Olymp thront der Heilige Leonhard, der Patron des Viehs und der Pferde. Und weil die Rösser über Jahrhunderte des Bauern ganzer Stolz waren und der Stall voller Vieh, avancierte der Abt und Nothelfer zum bairischen Herrgott.
Ähnlich verhält es sich mit der bayerischen Dreifaltigkeit, der wir heute am Dreifaltigkeitssonntag besonders nachspüren. An und für sich ist die Dreifaltigkeit theologisch eindeutig festgelegt. Gott-Vater, Gott-Sohn, Gott-Heiliger-Geist. Schon von Kindesbeinen an wird uns das mit dem Kreuzzeichen quasi leibhaftig gelehrt. Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen. So ist es.
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Doch wenn ein Bayer in tiefen Nöten seine Dreifaltigkeit anruft, dann entfleucht ihm gerne ein flehendes: Jessas, Mar ant Josef. Jesus, Maria und Josef. Wenigstens Jesus findet sich theologisch noch an richtiger Stelle. Seine Mutter Maria und sein Pflegevater Josef haben sich hingegen irgendwie eingeschlichen in die hohe Dreifaltigkeit. Die bayerische Volksfrömmigkeit hat sich eine eigene Dreieinigkeit zusammengezimmert getreu den Hausaltären der bäuerlichen Stuben im Herrgottswinkel. Gottvater kommt dort selten vor. An der Wand hängt das Kreuz und an ihm Jesus. Sodann findet sich eine Marienfigur oder ein Gnadenbild von Altötting oder Mariahilf. Und der Zimmermann Josef ergänzt diese Heilige Familie.
Mag sein, dass der Heilige Geist doch noch einfliegt. In seiner Taubengestalt findet er sich manchmal in einer Glaskugel über dem Tisch schwebend. Doch die bairische Benennung solcher Gebilde ist weder predigttauglich noch zeugt sie von hoher Theologie.
Der Volksglaube bewegt sich gerne ein wenig abseits der Bibel wie des Katechismus und prägt ganz eigene Verehrungsformen. Übrigens gelingt es ihm nicht selten auch in die Gotteshäuser einzudringen. In der sogenannten guten alten Zeit, als in Bayern noch der Prinzeregent regierte, wurde die Passauer Stadtpfarrkirche Sankt Paul mit neobarockem Stuck ausgestattet. Die Gründerzeit brachte Reichtum in die bürgerliche Stadt und so konnte man sich diesen Luxus leisten. Und was findet sich hoch oben im Mittelschiff, unübersehbar? Drei prächtige Medaillons: Jesus, Maria, Josef. Immerhin war damals Passau schon mehr als hundert Jahre bayerisch. Wen wundert es also, dass die bayerische Dreifaltigkeit in aller Pracht den Gewölbehimmel ziert.
Dr. Michael Bär,
Dompropst Bistum Passau