Ein Dankgebet zahlt sich immer aus. Wer dankt, gewinnt! Oder mit dem Bild des Gebetswürfels ausgedrückt: der Würfel fällt immer auf die Gebetsseite. Auf jeder seiner sechs Seiten steht schließlich eines davon. Besonders gern nehmen ihn Familien zum Tischgebet, und sagen damit Danke für das Essen. Was der Gebetswürfel genau mit Erntedank zu tun hat, erklärt Dompropst Dr. Michael Bär in seiner Predigt zum Erntedankfest am 4. Oktober 2020.
Die Verkaufsrenner im alten Laden des Bischöflichen Seelsorgeamtes waren die sog. Gebetswürfel. Ich glaube, mein Vorgänger Max Huber hatte sie erfunden und von der Behindertenwerkstätte in Pocking anfertigen lassen. Auf den sechs Seiten des Würfels waren einfache Tischgebete angebracht. Zu Beginn oder am Ende des Essens konnte ein Kind würfeln und das Ergebnis wurde miteinander gebetet. Eine spielerische Form, um das gemeinsame Gebet in einer Familie wieder zu beleben. Im Domladen gibt es sie heute noch in vielen Varianten.
Zum Erntedankfest erinnere ich an das Danken für das tägliche Essen. Viele können das folgende Tischgebet sicher noch auswendig:
O Gott, von dem wir alles haben, wir preisen dich für deine Gaben, du speisest uns, weil du uns liebst, o segne auch, was du uns gibst. Amen.
Ihnen entgeht ein toller Beitrag!
Diesen ersten Teil des Gebetes sprechen wir vor der Mahlzeit. Wir bekennen darin, dass Gott es ist, der uns speist und dass wir die Speise seiner Liebe zu verdanken haben. Wir erbitten vor dem Essen seinen Segen über die Speise.
Nach dem Essen beten wir: Dir sei, o Gott, für Speis’ und Trank, für alles gute Lob und Dank. Du gabst und willst auch ferner geben. Dich preise unser ganzes Leben. Amen.
In dieses Gebet ist der Dank für alles Gute, was wir von Gott erhalten, miteingeschlossen. Schon als Kind bin ich gern über das Wort „ferner“ gestolpert, weil ich es nicht kannte. Es bedeutet einfach, dass Gott auch in der Zukunft uns etwas geben wird. Gebete transportieren manchmal eine etwas ältere Sprache. Aber das macht nichts, entscheidend ist es, sie zu verstehen und aus ganzem Herzen zu beten.
Es ist eine gute, gläubige Gewohnheit, vor oder nach dem Essen innezuhalten und an Gott, den Geber alles Guten, zu denken. Auch in einem Gasthaus bekreuzige ich mich, bevor ich die Speisen genieße. Zugleich ist diese Geste ein Zeugnis meines Glaubens.
Wer täglich für das Essen dankt, dem fällt es leicht, einmal im Jahr an Erntedank Gott für alles zu danken, was er im vergangenen Jahr entgegennehmen durfte: Das Essen, das Trinken, die Gesundheit, die liebevolle Gemeinschaft der Familie und der Freunde, die Geborgenheit im Zuhause, den Frieden im Land, die Schönheit der Heimat und tausend andere Dinge mehr, die jedem einfallen, wenn er anfängt darüber nachzudenken.
Der Würfel fällt immer auf eine Gebetsseite. Wer dankt, zählt zu den Gewinnern. Der Beter gewinnt Tiefe und Zufriedenheit im Leben.
Dr. Michael Bär
Dompropst