
Die Exegeten, also die Fachleute der Bibelwissenschaft sagen uns, die Wahrscheinlichkeit sei groß, dass kurze, in der Bibel überlieferte Sätze mit direkter Rede tatsächlich so gesprochen und wortgetreu überliefert wurden. Ein solcher Satz findet sich im heutigen Evangelium: „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“ (Mk 1,15)
Die Formulierung „Die Zeit ist erfüllt“ haben wir eben erst zu Weihnachten gehört. Zu dem Zeitpunkt, den Gott aus uns unbekannten Gründen für den geeignetsten hielt, kam Jesus in Betlehem zur Welt. Jetzt, so Jesus beim Evangelisten Markus, ist der richtige Zeitpunkt für den Anbruch des Reiches Gottes. Darum die Aufforderung Jesu: „Kehrt um und glaubt an das Evangelium! Im Griechischen heißt es: „metanoiete“, und das, so hat mir mein Professor für Neues Testament eingebläut, sollte etwas differenzierter als mit „kehrt um“ widergegeben und verstanden werden.
Ihnen entgeht ein toller Beitrag!
Metanoite beinhaltet einen Dreischritt:
1. Denkt um! Wie oft stehen wir Menschen an, weil wir spüren, dass wir mit unserer bisherigen Denke und mit unserem bisherigen Handeln nicht mehr weiterkommen. Und so sind wir gezwungen umzudenken. Sie kennen wohl auch das Bonmot: Der Kopf ist deshalb rund – und nicht eckig – damit das Denken auch mal die Richtung ändern kann. Die Schnelllebigkeit unserer Zeit und die mit ihr einhergehenden neuen Herausforderungen erzwingen das geradezu. Das gilt übrigens auch für die Kirche. Nur jammern, dass heute alles so ganz anders als früher sei, nur den Schwund an Gläubigen und Gottesdienstbesuchern zu beklagen, gewinnt noch keinen einzigen Menschen für den Glauben neu. Nehmen wir die Realitäten wahr und stellen wir uns den Herausforderungen, denken wir um.
2. Denken wir anders als bisher. Scheuen wir uns nicht, neue Denk- und Handlungswege zu beschreiten. Wenn die alten Pfade ausgelatscht sind, muss man neue Spuren ziehen. Dabei, so dürfen wir sicher sein, wird uns Gottes Heiliger Geist begleiten.
Das bedeutet 3. – und jetzt wird es konkret -, handeln wir anders als bisher. Wenn ich sehe, dass ich im falschen Zug sitze, wäre es doch töricht zu sagen: Ja, aber der Zug ist doch ganz schön, das Personal recht nett und hier drinnen ist es so kuschelig warm… nein, ich muss bremsen, u.U. die Notbremse ziehen und umsteigen. Das kostet Energie und Kraftaufwand, lohnt sich aber, siehe Klimakrise.
Wir haben soeben die Fastenzeit begonnen. Wäre das nicht ein Motto für die 40 heiligen Tage? Der Dreischritt aus „Metanoiete“, der uns alle betrifft.
- 1. Wo soll und muss ich umdenken?
- 2. Wo gilt es künftig ganz anders zu denken als bisher?
- 3. Wo sollte ich dringend mein Handeln ändern?
Das ist nicht nur ein gutes Programm zur Lösung großer Menschheitsprobleme, es ist auch ein wunderbares geistliches Programm für die Fastenzeit – egal wie kirchennah oder kirchenfern ich auch bin: Ich denke um, denke anders und handle anders als bisher. Ich tue, was Jesus bei Markus sagt: metanoiete!
Msgr. Dr. Bernhard Kirchgessner
Domvikar