Wo Gott diese Welt berührt, da beginnen die Rosen zu blühen! Wenn dieser Spruch eines Freundes von Hans Striedl wohl kein Lichtblick in der jetzigen Krise ist. Was dieser Spruch mit dem Sonntagsevangelium zu tun hat, erklärt der Dompropst em. in seiner Predigt zum 15. Sonntag im kirchlichen Jahreskreis am 12. Juli 2020.
Es klingt wie eine unglaubliche Provokation:
Auch Gottes Wort kann scheitern – auch Gott kennt den Mißerfolg.
Beim Gottesdienst an diesem Sonntag hören wir es: Gottes Wort wird als Saat in die Welt gesät – aber auch diese Saat kann verloren gehen, kann zertreten werden und unter den Dornen ersticken.
Diese Erfolglosigkeit Gottes ist schon Vielen zum Ärgernis geworden. Denn in der heutigen Welt zählen Leistung und Erfolg. Das Zauberwort von heute heißt: Erfolg.
Der englische Schriftsteller und Zeitkritiker George Bernard Shaw hat das zynische Wort geprägt: Es gibt eine Sünde, die unsere Gesellschaft nie verzeiht: Das ist die Erfolglosigkeit.
Ihnen entgeht ein toller Beitrag!
Umgekehrt könnte man sagen: Unsere Gesellschaft verzeiht selbstverständlich alle Sünden; aber sie trampelt unbarmherzig auf dem herum, der keinen Erfolg hat. Dieses Streben nach Leistung hat längst unsere Kinder in den Schulklassen erreicht: Wer weiterkommen will, wer mit der Elite mithalten will, muß erstklassische Leistungen aufweisen. Was aber ist mit den ungezählten Menschen, die ein Leben in Erfolglosigkeit und oft genug mit unbeschreiblichen Problemen bewältigen müssen? Wie werden einmal die Kinder ihr Leben bewältigen, die von klein auf nichts anderes erlebt haben als Krieg und Bomben, Angst und Not, zerstörte Häuser und einen unbeschreiblichen Hass?
Der Christ erfährt im Evangelium, dass Erfolg nicht alles ist und dass die Schwäche des Menschen nicht sinnlos sein muß, denn:
- Beschenkt werden kann nur, wer leere Hände hat.
- Lernen kann nur, wer seine Unwissenheit eingesteht.
- Nur die Hungrigen suchen nach Speise – nur die Gefangenen suchen nach Erlösung.
Der stolze, selbstbewusste Mensch genügt sich selbst. Er braucht niemand anderen, weder einen Mitmenschen – noch einen Herrgott! Er lebt nach der Parole: „Hilf dir selbst, dann brauchst du keinen Gott!“ Ganz anders der Spruch, den mir ein Freund geschickt hat – er steht auf meinem Schreibtisch:
Wo Gott diese Welt berührt, da beginnen die Rosen zu blühen!
Vielleicht ein Lichtblick in der Coronakrise.
Hans Striedl
Dompropst i.R.