
Die Mutter ist die erste Person, von der wir Liebe erfahren. Sie schenkt uns schließlich das Leben. In ihr spiegelt sich die Liebe Gottes wider. Nicht umsonst hat man ihr zu Ehren einen Gedenktag eingeführt, den Muttertag, dieses Jahr am 9. Mai. Eine Geschichte zu einer besonderen Mutter erfahren Sie von Dompropst Dr. Michael Bär in seiner Predigt.
„Gott ist Liebe“, lesen wir an diesem Sonntag im ersten Johannesbrief. Wer lässt einen schon von Anbeginn des Lebens die Liebe leibhaft spüren? Die Mutter. Die Mutter als Inbegriff Gottes.
Frauenverbände in den Vereinigten Staaten von Amerika setzten sich als erste für einen Gedenktag zu Ehren der Mütter ein. In Deutschland griffen Anfang der 1920er Jahre die Floristen diesen Gedanken auf und etablierten ihn in der Gesellschaft.
Jenseits aller ökonomischen Nebengründe finde ich es gut, die Mütter an einem Tag besonders zu ehren. Die Liebe, die sie den Kindern erweisen, kann zwar nicht zurückerstattet werden, aber die Erinnerung daran steht wenigstens heute dick unterstrichen im Kalender.
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Vor zwei Tagen haben wir in der Stadt Passau, in der ehemaligen Klosterkirche Niedernburg einer besonderen Mutter gedacht, der Seligen Gisela, die dort begraben liegt. Viele Ungarn pilgern dorthin, weil sie sie als eine Mutter ihres Landes verehren, eine Glaubensmutter. Sie war verheiratet mit dem ersten ungarischen König, dem Heiligen Stephan. Wenige Jahre vor der Trauung wurde dieser erst getauft. Die Christianisierung des weitgehend noch heidnischen Landes schrieb sich das Königspaar auf sein Banner.
Von ihren Kindern erreichte nur Emmerich das Erwachsenenalter. Leider verlor sie ihn viel zu früh durch einen Jagdunfall. Der Mutterschmerz blieb ihr nicht erspart. Aufgrund seiner Frömmigkeit wurde er zusammen mit seinem Vater heiliggesprochen. Als Stephan nach mehr als 40 Ehejahren starb, gewannen in Ungarn die Gegner des Christentums wieder die Oberhand und Gisela musste das Land verlassen. Aufnahme fand sie in Passau, in dessen Kloster Niedernburg sie schließlich zur Äbtissin gewählt wurde.
So wurde sie zur Mutter ihrer Mitschwestern und ihr kaiserlicher Bruder Heinrich II. beschenkte sie reich. Das Land der Abtei wurde später zum Kerngebiet des Hochstiftes Passau, das den Bischof zum Fürstbischof machte. Mutter Gisela sorgte auf diese Weise nicht allein für das geistliche Wohl ihrer Nachkommen, sondern auch für das leibliche, wie es eine gute Mutter tut.
Vor allem die Ungarn beten darum, dass die Selige Gisela heiliggesprochen wird. Dann wäre die Heilige Königsfamilie komplett. Stephan, Gisela und Emmerich. Auch ich bete dafür; denn Gisela war als Ehefrau und Mutter der Inbegriff der göttlichen Liebe in der Familie und im Land. Was kann heiliger, heilsamer sein?
Amen.
Dr. Michael Bär
Dompropst