
Jesu Wort ist im Gegensatz zu den Worten der Menschen weder Smalltalk noch bloße Information, es ist ein wirkmächtiges Wort. Da ist sich Bernhard Kirchgessner sicher. Der Leiter des Exerzitien- und Bildungshauses Spectrum Kirche Passau konfrontiert uns mit einer ganz zentralen Frage aus dem Evangelium zum 12. Sonntag im kirchlichen Jahreskreis am 20. Juni 2021: Wer ist denn dieser (Jesus), dass ihm sogar der Wind und das Meer gehorchen? Hier die Predigt.
Erinnern Sie sich noch an das Evangelium vom Sturm auf dem See? Da scheppern Boote mit Jesus und den Jüngern über den See Genesareth, als sich plötzlich ein Wirbelsturm erhebt. Der Sturm stellt an diesem See tatsächlich eine reale Gefahr dar, denn immer wieder kommen von den Golanhöhen in Sekundenschnelle gewaltige Fallwinde herunter, weshalb an manchen Stellen des Sees das Baden strikt verboten ist. Dass aber ein Sturm aufritt, der alle, bis auf einen, nämlich Jesus, in Angst und Schrecken versetzt, das klingt schon seltsam, oder? Das wirft die Frage auf, worum es in diesem Evangelium wirklich geht.
Nun, die Ängstlichen rütteln Jesus wach, fragen ihn, ob es ihm denn gleichgültig sei, dass sie jeden Augenblick untergehen könnten und legen ihm indirekt nahe „So tu doch endlich etwas!“ Der Evangelist Markus schreibt: „Da stand er auf, drohte dem Wind und sagte zu dem See: Schweig, sei still! Und der Wind legte sich und es trat völlige Stille ein.“ Ist das glaubwürdig oder Erfindung? Mit Papst Benedikt antworte ich: „Ich traue den Evangelien.“ Und den Evangelisten. Warum sollten sie uns fake news über Jesus übermitteln?
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Mir fällt auf, welch große Bedeutung dem Wort in diesem Evangelium zugesprochen wird: „Da stand er auf, drohte dem Wind uns sagte zu dem See: Schweig, sei still.“ Würde einer von uns so handeln, man würde ihn müde belächeln. Doch Jesu Wort ist weder Palaver noch Information, es ist ein performatives Wort, d.h., in dem Moment, wo es ausgesprochen wird, geschieht, was es ansagt. Der Wind legt sich, die Wogen glätten sich, es tritt tatsächlich Stille ein. Vielleicht verstehen wir nun, warum Lektorin und Lektor die Lesungen im Gottesdienst mit der Formulierung „Wort des lebendigen Gottes“ beenden und Diakon und Priester mit „Evangelium unseres Herrn Jesus Christus.“ Die Worte aus dem Munde Jesu sind Worte Gottes. Sie trösten, bauen auf, stärken, können gar Tote zum Leben erwecken und erweisen sich so als Wort von Geist und Leben. Ja, Jesus selbst ist Gottes Wort, der Logos schlechthin, wie der Prolog des Johannesevangeliums bezeugt.
Geht es in der Erzählung vom Seesturm um ein Wunder Jesu? Nicht das Außer-gewöhnliche ist das Entscheidende, sondern die im Wunder enthaltene Botschaft, die da lautet: Gott spricht in unerklärlichen Zeichen zum Menschen. Und was sagt er uns?
Jesu Wort ist im Gegensatz zu den Worten der Menschen weder smalltalk noch bloße Information, es ist ein wirkmächtiges Wort. Ganz entscheidend sind hierbei die Menschen; diese sind Adressaten des Wortes Gottes. In ihnen setzt Gottes Wort einen Denkprozess in Gang: Sie beginnen aufgrund des Geschehens zu fragen, wer denn Jesus sei. Und damit haben wir die Sinnspitze des heutigen Evangeliums erreicht, die Frage, mit der das Evangelium endet: „Wer ist denn dieser, dass ihm sogar der Wind und das Meer gehorchen?“ Diese Frage bleibt im heutigen Text bewusst unbeantwortet, denn es ist eine an die Jünger damals und an uns heute uns persönlich gerichtete Frage: Wer ist Jesus für dich und mich? Mit dieser persönlichen Frage schickt uns das Evangelium in die neue Woche. Antworten wir nicht vorschnell mit bekannten biblisch-theologischen Termini, nein, antworten wir ganz persönlich mit unserem Jesusbekenntnis!
Bernhard Kirchgessner
Leiter Exerzitien- und Bildungshaus Spectrum Kirche Passau