Gott will keine Selbstinszenierer, keine Egoisten. Er will Menschen, die heilend, versöhnend und barmherzig wirken und Mitverantwortung für seine Welt übernehmen. Dazu sind wir Christen durch die Taufe berufen. Mehr dazu von Domkapitular und Personalverantwortlichem Josef Ederer in seiner Predigt zum Fest der Taufe des Herrn am Sonntag, den 12. Januar 2020.
Am heutigen Fest der Taufe des Herrn hören wir berührende Wort aus dem ersten “Gottesknecht-Lied” des Propheten Jesaja. Gott sagt darin über seinen Erwählten:
“Siehe, das ist mein Knecht, den ich stütze; das ist mein Erwählter, an ihm finde ich Gefallen.
Ich habe meinen Geist auf ihn gelegt, er bringt den Nationen das Recht.
Er schreit nicht und lärmt nicht, und lässt seine Stimme nicht auf der Gasse erschallen.
Das geknickte Rohr zerbricht er nicht, und den glimmenden Docht löscht er nicht aus;
ja, er bringt wirklich das Recht. (…)
Auf seine Weisung warten die Inseln.”
Und dann spricht Gott den Menschen, den er auserwählt hat direkt an:
“Ich, (…) fasse dich an der Hand.
Ich (…) mache dich zum Bund mit dem Volk, zum Licht der Nationen, um blinde Augen zu öffnen, Gefangene aus dem Kerker zu holen und die im Dunkel sitzen, aus der Haft.“
Als sich bei der Taufe Jesu durch Johannes der Himmel öffnet, der Geist Gottes wie eine Taube auf ihn herabkommt und die Stimme aus dem Himmel spricht:
“Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe.”
- da wird deutlich, wer hier gerade in die Öffentlichkeit tritt und sein Wirken beginnt. Liebevoll und Mut machend sagt Gott ihm zu:
Ich fasse dich an der Hand und ich stütze dich, damit du es schaffst deinen Weg zu gehen und deine Aufgabe zu erfüllen.
Was hier über den Gottesknecht und über Jesus gesagt wird, gilt in gewisser Weise auch uns. Als Getaufte sind wir Erwählte Gottes, von ihm geliebt, gestützt und an der Hand genommen, die erfüllt und gestärkt durch seinen Geist, in unserer Welt und Zeit wirken sollen, woran Gott gefallen hat und was dem Heil der Menschen und der Welt dient.
Gott will keine lauten und plärrenden Selbstinszenierer, die letztlich nur sich und ihr “Ego” im Blick und im Sinn haben, sondern Menschen, die ein geknicktes Rohr nicht brechen, sondern die heilend, versöhnend und barmherzig wirken; angesichts persönlicher Schuld und individuellem Scheitern oder auch in den großen Krisen- und Konfliktzentren unserer Welt. Er will Menschen, die glimmende Dochte nicht löschen, sondern bestärkend und ermutigend neu das Feuer entzünden und Licht und Wärme in die Dunkelheit und Kälte, die vielfach herrschen, bringen. Gott will Gerechtigkeit, die mehr ist als Gesetzlichkeit, Befreiung zu einer Freiheit, die etwas anderes ist als Zügellosigkeit, Liebe, die hingibt ohne Hintergedanken und Berechnung, und Verantwortung — als Mitverantwortung für seine Welt und sein Reich. Zu all dem sind wir berufen!
Daran sollen wir uns erinnern, wenn wir heute das Fest der Taufe Jesu feiern und uns dabei auch unsere eigene Taufberufung bewusst machen.
Josef Ederer
Domkapitular und Personalverantwortlicher