
Eine Heimat zu finden ist nicht leicht, immer wieder müssen wir Orte verlassen an denen wir uns wohl und geborgen fühlen, das Elternhaus, die erste eigenen Wohnung, nirgendwo kann man für immer bleiben. Mehr dazu von Dompropst Michael Bär in seiner Predigt zum 13. Sonntag im Jahreskreis am 30. Juni 2019.
Es war an einem Sonntag im September des Jahres 1972. Meine Eltern und mein Bruder hatten mich nach Passau ins damals noch bestehende Seminar Sankt Max gebracht. Nach dem Abschied bat meine Mutter mich, der Familie noch vom Fenster aus zuzuwinken. Mitten im Kreis der neuen Kameraden vergaß ich jedoch diese Bitte. Und meine Mutter hat mir erzählt, sie seien noch lange dort unten gestanden und hätten vergeblich auf dieses Zeichen des Abschieds gewartet. Diese kleine unscheinbare Episode erinnert mich an den Auftrag Jesu, sich nach dem Abschied nicht mehr umzuwenden.
Das war der eigentliche Abschied aus der Familie und der Beginn der Nachfolge Jesu im zarten Alter von 10 Jahren. Wenn auch die Entscheidung, Priester zu werden, erst mit 16, 17 Jahren gereift ist, spürte ich damals schon. Jesus nachzufolgen bedeutet, die Heimat, den innigen Bezug zur Familie aufgeben zu müssen – und viele von uns Buben plagte in der ersten Zeit ein großes Heimweh.
Von ebendieser Heimatlosigkeit berichten die Texte des heutigen Sonntags. Ich kann mich noch gut erinnern, als mich nach zwei Jahren Kaplanzeit in Regen der Ruf ereilte, Subregens im Priesterseminar zu werden. Ich hatte gerade Wurzeln geschlagen, eine schöne, neue Heimat gefunden. Und wieder der Abschied. Oft dachte ich an das Bibelwort des heutigen Evangeliums: Die Füchse haben ihre Höhlen und die Vögel ihre Nester; der Menschensohn aber hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann.
Dieselbe Radikalität zeigt sich bei der Berufungsgeschichte des Elischa. Elija geht vorüber und wirft ihm seinen Mantel über. Noch kurz verweilt Elischa zu Hause, er nützt aber die Zeit, um alle Brücken hinter sich abzubrechen. Er schlachtet die Ochsen und brät sie über dem Feuer des Jochs. Ein nachhaltigeres Bild einer unmöglich gemachten Rückkehr kann man sich nicht vorstellen.
Am Peter-und-Pauls-Tag wurde der Diakon Magnus Pöschl zum Priester geweiht. Nach dem Abschied aus seiner Familie wünsche ich ihm, dass ihm die Pfarreien, die im Laufe seines Priesterlebens auf ihn warten, eine gute Heimat sein werden. Und vor allem, dass er eine dauerhafte Bleibe findet bei Jesus. Er hat ihm schon bei der Taufe sein österliches Gewand übergestreift, nun bekleidet er ihn mit dem priesterlichen Messgewand. In persona Christi wird er die Heilige Messe feiern und alle, die mitfeiern, werden stets seine Familie, seine Heimat sein.
Predigt von Dompropst Dr. Michael Bär