"Ich gehe fischen" - so lautet ein schnörkelloser, bekannter Satz aus dem Evangelium. Er entstammt der Geschichte von Petrus, der mit den Jüngern am See von Tiberias fischen geht, und zuerst nichts fängt. Zuerst! Denn schließlich sind die Netze doch voll. Mehr zu dieser schönen Geschichte und ihrer Botschaft von Domkapitular und Ökumeneverantwortlichem Manfred Ertl in seiner Predigt zum 3. Sonntag der Osterzeit am 5. Mai 2019.
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Ein schnörkelloser Satz — mitten im Evangelium: “Ich gehe fischen”. Ich kann mir diesen Petrus auch richtig vorstellen. Der Alltag ist wieder da. Mehr noch: Petrus geht in sein altes Leben zurück. Sogar der Ort stimmt: der See von Tiberias. Dort kannte er die Gräser und die Wellen, die Menschen und ihre Geschichten — hier war er zu Hause. Die anderen Jünger schließen sich Petrus an. Aber: In dieser Nacht fangen sie aber nichts, heißt es im Evangelium. Als der Morgen graut, stehen sie mit leeren Händen da.
Als die Jünger mit ihren Booten anlanden, stehen sie einem Unbekannten gegenüber. Es gehört zu den schönsten Zügen der Ostergeschichte, dass ein Unbekannter auftritt, denken wir nur an die Jünger auf dem Weg nach Emmaus. Nicht auf dem ersten Blick erkennbar, auch nicht einzuordnen, aber: bei ihm genügt ein Satz, eine Geste, eine Zuwendung, um eine ganz neue Begegnung zu schenken. Er lässt es eigentlich erst richtig Ostern werden — wenn Ostern schon wieder vergangen ist: “Es ist der Herr”.
Und dann sehen wir die Jünger wieder auf ihren See hinausfahren. Sie werfen noch einmal ihre Netze aus — und fangen 153 große Fische. Ein wunderbares Bild: Die ganze Fischwelt in dem kleinen See Tiberias — und jetzt im Netz.
Ich schaue auf das Evangelium zurück. Es ist eine wunderbare Begegnung, die Menschen in ihrem Alltag widerfährt. Selten habe ich den Alltag so wundervoll beschrieben gesehen wie hier. Und auf diesem Hintergrund dürfen auch wir unseren eigenen Alltag mit neuen Augen sehen. Auch bei uns kann es vorkommen, dass uns manches nicht gelingt. Oft sind, um im Bild zu bleiben, unsere Netze leer. Aber dann dürfen auch wir den Herrn am Ufer unseres Lebens entdecken. Er lädt uns ein, er spricht uns an, er schenkt uns neuen Mut und neue Kraft. Und wenn ich mich auf die Begegnung mit ihm einlasse, dann kann es passieren, dass auch meine eigenen Zweifel klein werden, dass sich meine Bedenken auflösen. Mit ihm zusammen wird auch mein Netz wieder voll werden. Und dann darf ich immer wieder das ganze Jahr hindurch begreifen, was Ostern bedeutet.
Manfred Ertl