Bistum

"Soziale Vormittage" für Firmlinge

Redaktion am 20.01.2025

Demenzparcours Bild: Lena Plettl
Demenzparcours: Welche Handgriffe braucht es eigentlich, um sich das Frühstück herzurichten? Und wie geht es mir, wenn ich diese tägliche Aufgabe aufgrund von Demenz nicht mehr (so leicht) bewältigen kann?

220 Firmlinge des Dekanats Vilshofen waren am Wochenende bei "Sozialen Vormittagen" dabei. Wie fühlt man sich eigentlich, wenn der eigene Alltag z.B. aufgrund einer Demenz-Erkrankung plötzlich zur nervenzehrenden Herausforderung wird? Wie ist es, das eigene Zuhause von heute auf morgen hinter sich zu lassen und mit den wichtigsten sieben Sachen in ein Land umzuziehen, das man sich gar nicht ausgesucht hat? Und wer oder was ist eigentlich diese Caritas, von der man ständig irgendwo liest oder hört?

Mit die­sen und noch wei­te­ren Fra­gen konn­ten sich die knapp 220 Firm­lin­ge des Deka­nats Vils­ho­fen bei den soge­nann­ten Sozia­len Vor­mit­ta­gen im Zuge der gemein­sa­men Firm­vor­be­rei­tungs­ter­mi­ne auseinandersetzen.

Ver­ant­wor­tet durch den deka­nats­wei­ten Arbeits­kreis, in dem sich die haupt- und ehren­amt­li­chen Ver­ant­wort­li­chen für die Fir­mung der jewei­li­gen Pfarr­ver­bän­de gemein­sam mit dem Kirch­li­chen Jugend­bü­ro Pas­sau zusam­men­ge­schlos­sen haben, wer­den die­se Ter­mi­ne bereits seit meh­re­ren Jah­ren orga­ni­siert; mit durch­wegs posi­ti­ven Erfah­run­gen. Maß­geb­lich mit­ge­stal­tet wer­den die Vor­mit­ta­ge von den Kolleg*innen der Cari­tas. Chris­ti­an Schacher­bau­er, Ansprech­part­ner der Gemein­de­ca­ri­tas für das Deka­nat Vils­ho­fen, war selbst an bei­den Ter­mi­nen betei­ligt und hat gemein­sam mit wei­te­ren Cari­tas-Mit­ar­bei­te­rin­nen inter­es­san­te und akti­vie­ren­de Work­shops gestal­tet. Ein gro­ßes Ziel der Vor­mit­ta­ge ist es, den Jugend­li­chen zu ver­deut­li­chen, dass Fir­mung nicht nach dem Firm­got­tes­dienst auf­hört. Vom hei­li­gen Geist gestärkt und im Glau­ben bekräf­tigt sol­len die jun­gen Men­schen ler­nen, dass mit dem Christ*in-Sein auch eine gewis­se Ver­ant­wor­tung ein­her­geht – sowohl für sich selbst, als auch für ande­re. Der Ein­blick in ver­schie­de­ne sozia­le Berei­che soll also sowohl Wis­sen ver­schaf­fen und moti­vie­ren, wo ich mich selbst für ande­re ein­brin­gen kann, und aber gleich­zei­tig sen­si­bi­li­sie­ren und auf­merk­sam machen von Nöten und Her­aus­for­de­run­gen ande­rer Men­schen und unse­rer Gesellschaft.

Demenzparcours
Demenzparcours: Welche Handgriffe braucht es eigentlich, um sich das Frühstück herzurichten? Und wie geht es mir, wenn ich diese tägliche Aufgabe aufgrund von Demenz nicht mehr (so leicht) bewältigen kann?
Workshop
Workshop mit Tanja Morgner: Eine schöne Welt für alle – gestalte mit!
Workshop
Die Firmlinge durften zum Beispiel ausprobieren, ein Hemd oder eine Jacke mit großen Arbeitshandschuhen zuzuknöpfen – was aber gar nicht so einfach ist, wenn die Motorik und Feinfühligkeit der eigenen Finger nicht mehr so funktioniert, wie man es denn vielleicht gerne hätte.

Beim ers­ten Vor­mit­tag, der bereits Ende Novem­ber im Pfarr­zen­trum in Vils­ho­fen statt­fand, wur­den für die Firm­lin­ge aus den Pfarr­ver­bän­den Vils­ho­fen, Alders­bach und Alk­ofen vier sozia­le Work­shops ange­bo­ten. Anne­ma­rie Rit­zin­ger von der Cari­tas bot einen inter­ak­ti­ven Demenz­par­cours an, bei dem es dar­um ging, sich haut­nah in die Situa­ti­on demenz­kran­ker Men­schen hin­ein zu füh­len und Her­aus­for­de­run­gen, denen pfle­gen­de Ange­hö­ri­ge mög­li­cher­wei­se begeg­nen, zu erken­nen. Die Firm­lin­ge durf­ten zum Bei-spiel aus­pro­bie­ren, ein Hemd oder eine Jacke mit gro­ßen Arbeits­hand­schu­hen zuzu­knöp­fen – was aber gar nicht so ein­fach ist, wenn die Moto­rik und Fein­füh­lig­keit der eige­nen Fin­ger nicht mehr so funk­tio­niert, wie man es denn viel­leicht ger­ne hät­te. An-geli­ka Leitl-Weber und Clau­dia Zwick­lbau­er von der Bahn­hofs­mis­si­on stell­ten ihre viel­fäl­ti­gen Hilfs­an­ge­bo­te und täg­li­che Sze­na­ri­en vor, die sich im und um den Pas­sau­er Bahn­hof abspie­len. Als Erst­an­lauf­stel­le für Rei­sen­de und Rat­su­chen­de sind die dor­ti­gen Mitarbeiter*innen oft mit Pro­ble­men kon­fron­tiert, für die die Hil­fe­su­chen­den selbst nicht (mehr) bewäl­ti­gen kön­nen. Ange­li­ka Leitl-Weber und ihre Kolleg*innen bie­ten dort jedem ein offe­nes Ohr und ver­su­chen, so gut wie mög­lich zu hel­fen. Mit Sabi­ne Grei­ne­der, Gemein­de­re­fe­ren­tin im Pfarr­ver­band Vils­ho­fen, konn­ten sich die Firm­lin­ge bei einem Spa­zier­gang durch die Stadt Vils­ho­fen haut­nah ein eige­nes Bild von Ein­rich-tun­gen und Hilfs­or­ga­ni­sa­tio­nen vor Ort machen. Gemein­sam wur­de z.B. der loka­le Welt­la­den sowie der Klei­der­la­den besucht. Beim vier­ten Work­shop mit Chris­ti­an Schacher­bau­er stan­den Fra­gen und Zah­len rund um die Arbeit der Cari­tas im Vor­der­grund. Wie vie­le Cari­tas-Ein­rich­tun­gen gibt es eigent­lich? Wie vie­le Men­schen arbei­ten dort und wie vie­le Men­schen pro­fi­tie­ren von den zahl­rei­chen Ange­bo­ten und Hil­fen der Cari­tas? Die Ant­wor­ten zu die­sen Fra­gen sowie der Aus­tausch eige­ner Erfah­run­gen er-mög­lich­te den Firm­lin­gen einen wun­der­ba­ren Ein­blick in das gro­ße und viel­fäl­ti­ge Hilfs­netz­werk des Caritasverbands.

Der zwei­te Sozia­le Vor­mit­tag fand für die Firm­lin­ge aus Orten­burg, Otters­kir­chen, Fürs-ten­stein und Hof­kir­chen im Pfarr­heim in Eging am See statt. Auch hier fan­den wie­der ins­ge­samt vier Work­shops statt. Weil der Demenz­par­cours und die Vor­stel­lung der Cari­tas beim ers­ten Ter­min auf so gute Reso­nanz stieß, wur­den die­se bei­den Work­shops noch­mal ange­bo­ten. Neu hin­zu kam ein Ange­bot von Tan­ja Morg­ner, Refe­ren­tin für young­Ca­ri­tas in Pas­sau, das den Firm­lin­gen Raum gab, sich mit wich­ti­gen Fra­gen aus­ein­an­der­zu­set­zen: Wie kann eine bes­se­re Welt für uns alle aus­schau­en? Wo las­sen sich die­se Wün­sche und Visio­nen den 17 Zie­len für nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung zuord­nen? Und was kann ich, ganz per­sön­lich und im Klei­nen dafür tun, für die Errei­chung die­ser Zie­le tun? Schlag­wor­te wie Frie­den, ver­ant­wor­tungs­vol­ler Umgang mit der Natur oder Gleich­be­rech­ti­gung waren nur eini­ge der genann­ten Visio­nen der Jugend­li­chen. Lisa Schach­ner, Ver­ant­wort­li­che für die Frei­wil­li­gen­diens­te der Cari­tas, lud mit einem ganz beson­de­ren Gast zum Work­shop: die 23-jäh­ri­ge Jou­di, gebo­ren und auf­ge­wach­sen in Syri­en, berich­te­te haut­nah von den Erleb­nis­sen und Erfah­run­gen ihrer Flucht mit Mut­ter und Schwes­ter nach Deutsch­land. Die Firm­lin­ge erhiel­ten durch ein Gedan­ken­ex­pe­ri­ment und eine Pack­lis­te die Mög­lich­keit, sich in eine plötz­li­che Flucht­si­tua­ti­on hin­ein-zuver­set­zen und vor allem auch die dazu­ge­hö­ri­gen Gefüh­le nach­zu­emp­fin­den. Sich und das eige­ne Leben auf sei­ne wich­tigs­ten sie­ben Sachen zu redu­zie­ren und dann aber eine Gewichts­gren­ze von 20 Kilo­gramm Gepäck nicht zu über­schrei­ten fiel gar nicht so ein­fach. Die Geschich­te einer Geflüch­te­ten aus ers­ter Hand zu hören war für vie­le etwas ganz Beson­de­res. Durch­wegs alle Firm­lin­ge bewun­der­ten die unbän­di­ge Wil­lens­kraft und vor allem Jou­dis Mut, die­se Rei­se auf sich zu neh­men. Trotz jeg­li­cher Hür­de, die dann im neu­en Land auf dem Weg hin zum Archi­tek­tur­stu­di­um und in ein ganz neu­es Leben war­ten. Jou­dis Wunsch an die Firm­lin­ge: nutzt eure Chan­cen, nehmt jede noch so klei­ne Mög­lich­keit an und macht das Bes­te draus. 

Text und Fotos: Lena Plettl

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