Inmitten der gefährlichsten Straßen sitzen Mütter mit ihren Babys im Arm, um mit Glück etwas Geld von vorbeifahrenden Autofahrern zu erhalten – mit dem Risiko, jederzeit übersehen zu werden.
Seit der Machtübernahme der Taliban ist der Alltag der Menschen zunehmend schwieriger geworden. Frauen dürfen nicht arbeiten, die Männer versuchen ihre Familien mit ihrer Arbeit über Wasser zu halten. Kinder werden zum Betteln geschickt. Viele Familien können sich kaum Lebensmittel oder Kleidung leisten, von der medizinischen Versorgung ganz zu schweigen.
Im April dieses Jahres war Vanessa Halime, Sozialpädagogin und Fachberaterin der Flüchtlings- und Integrationsberatung des Caritasverbandes für die Diözese Passau e.V., zum zweiten Mal in der Hauptstadt Kabul zu Besuch. Ihr Vorsatz für diese Reise: „Ich möchte die Menschen unterstützen und ihren Lebensalltag — wenn auch nur für einen kurzen Moment — erleichtern.“
Mit der Hilfe von privaten Spendern und dem Caritasverband für die Diözese Passau e. V. konnte ein Betrag in Höhe von 2.490,00 € gesammelt werden. „Von diesen Spenden habe ich dann vor Ort Säcke mit jeweils 10kg Reis und 50kg Mehl, sowie Fla-schen mit 5l Öl und Datteln gekauft. Die genannten Lebensmittel zählen in Afghanistan zu den Grundnahrungsmitteln und werden in nahezu jedem Gericht verwendet. Insgesamt konnten von dem Einkauf 43 Familien für mindestens einen Monat versorgt werden“, sagt Halime.
Zudem verteilte Vanessa Halime mit ihrer persisch-sprachigen Begleitung in Kabuls Straßen Brote an die Menschen. „Wir machten uns also an einem späten Nachmittag auf den Weg, kauften 75 frisch gebackene Brote beim Bäcker des Vertrauens und verteilten diese an Menschen, die am Straßenrand auf ein spontanes Arbeitsangebot warteten. In den Gesprächen stellte sich heraus, dass die Männer an diesem Tag höchstens ein paar Euro verdient und deshalb noch keine Sicht auf Feierabend hatten, schließlich wartet die Familie zu Hause und hofft auf ein Abendessen. Je nach Anzahl der Familienmitglieder haben wir auch mehrere Brote ausgegeben. Und die Gesichter, nachdem sie warme Brote in den Händen hielten, haben Bände gesprochen. Was für uns als selbstverständlich gilt, ist in Afghanistan etwas ganz Großes!“
Viele Kinder stehen am Straßenrand und bieten den Menschen Leistungen oder Gegenstände an. Oft putzen sie Schuhe oder verkaufen Plastiktüten, Wasserflaschen oder Luftballons. Der Anblick ist schwer zu ertragen, aber leider der Alltag. Mit spontanen finanziellen Hilfen konnte wenigstens der Arbeitstag der Kinder verkürzt werden, damit sie nach Hause gehen und für sich und ihre Familien Essen kaufen konnten. „Am Ende meiner Reise wurde ich von der Schulleitung der Mädchenschule „Naswsn proje jajid“ eingeladen, um mir ein Bild von ihrer Schule zu machen“, erzählt Vanessa Halime.
Während des Besuchs war der hohe Renovierungsbedarf auffallend. Die Klassenzimmer hatten keine Türen, weshalb die Mädchen im Winter der starken Kälte und im Sommer der enormen Hitze ausgesetzt waren. Etliche kaputte Sitzbänke stapelten sich in einem Bereich des Schulhofs, in der Hoffnung irgendwann repariert zu werden. Die Wasserversorgung war nicht vorhanden, da die einzige Wasserleitung für das Grundstück kaputt war. Dies hatte zur Folge, dass die Mädchen keine Möglichkeiten hatten, sich frisch zu machen, und die Pflanzen auf dem Schulhof, wodurch im Sommer die Hitze etwas erträglicher werden würde, waren so gut wie ausgetrocknet.
Der Schulleitung wurden 200,00€ der Spendengelder überreicht, damit nach und nach Türen in die Klassenzimmer eingebaut sowie die Wasserleitung und Sitzbänke repariert werden können. Die Spendensumme in Höhe von insgesamt 2.490,00€ unterstützte vielen Menschen vor Ort. Die Dankbarkeit der Empfänger:innen war riesig und diese soll auch an alle Spender:innen weitergegeben werden. Nur durch deren finanzielle Unterstützung war dieses Projekt überhaupt möglich!
„Für mich persönlich war die Zeit in Afghanistan wieder besonders anspruchsvoll und lehrreich. Denn einmal mehr ist mir bewusst geworden, wie dringend die Menschen vor Ort Unterstützung benötigen, und ich hoffe sehr, dass ich auch in Zukunft vor Ort mit Spendenaktionen etwas Gutes tun kann.“
Text und Bild: Vanessa Halime