Die Erde lebt – und wir sollten ihr in Zukunft mehr Respekt erweisen. Diese zentrale Botschaft stand im Fokus bei der Auftaktveranstaltung zur diesjährigen Aktion „Klimafasten“. Offizieller Auftakt war am Donnerstagabend in der Biobäckerei Wagner in Tiefenbach.
Der Landkreis Passau, das Bistum Passau, das evangelisch-lutherische Dekanat Passau und erstmals auch der Landkreis Freyung-Grafenau wollen in der siebenwöchigen Fastenzeit dazu anregen, dass sich die Menschen tagtäglich aufs Neue die Frage stellen „Braucht´s des wirklich?“ Gemeinsam mit dem Diözesanrat der Katholiken, dem KDFB-Diözesanverband, dem BDKJ-Diözesanverband und dem BürgerEnergieStammtisch Sittenberg hoffen die Träger darauf, dass die Impulse aus der Aktion „Klimafasten“ zu einem nachhaltigen Lebensstil und zum Klima schützen motivieren. Beim offiziellen Auftakt in der Biobäckerei Wagner in Tiefenbach stellte Peter Oberleitner, Geschäftsführer des Diözesanrats der Katholiken, aber auch heraus, dass nicht nur die Verbraucher angesprochen sind. „Die Frage ‚Braucht´s des wirklich‘ richtet sich an alle – auch an die Wirtschaft und die Politik“, so Oberleitner. Es sei wahrlich verrückt, wozu man sich im Alltag oft verführen lasse. „Das Anhäufen von Besitz, das Bedürfnis immer mehr zu wollen und zu haben – das fühlt sich ganz normal an bei uns. Wir haben uns verrückt machen lassen und setzen dabei unsere Lebensgrundlage aufs Spiel“, führte Oberleitner aus. Aus diesem Grund sind die Träger der „Klimafasten“-Aktion davon überzeugt, dass ein Umdenken und vor allem auch ein anderes Handeln dringend erreicht werden müssen. „Wir alle müssen uns Gedanken machen und selbst zu der Überzeugung kommen, was wirklich wichtig ist und was nicht, was wir weglassen können und was nicht“, betonte Passaus stellvertretende Landrätin Gerlinde Kaupa.
Diözesanratsvorsitzender Markus Biber wies auf den christlichen Auftrag, die Schöpfung und die Umwelt zu bewahren, hin. Die Schöpfungsbewahrung sei allen auferlegt. Entsprechend zu leben sei nötig, weil Christen eine solche Haltung an den Tag legen sollten. Auch der evangelische Pfarrer Dieter Martin betonte, dass die Aktion „Klimafasten“ ein Ausdruck für die Verantwortung für die von Gott gegebene Schöpfung sei. Wenn alle das eigene, tägliche Leben überprüfen, könne es gelingen, sich in kleinen Schritten gemeinsam zu mehr Verantwortung für die Schöpfung zu bekennen. Helga Weinberger, stellvertretende Landrätin des Landkreises Freyung-Grafenau, wünschte sich, das Thema „Klimafasten“ in möglichst viele Köpfe hineinzubringen. „Alle reden von der Umwelt und gesunden Lebensmitteln. Doch es sind auch alle gefordert“, so Weinberger. Nachdenkliche Worte steuerte Hans Breit, Biobauer aus Esternberg im benachbarten Oberösterreich bei. „Die Erde ist ein lebendiges Wesen“, verdeutlichte er in seinem kurzen Vortrag. Allerdings würden die Menschen sich schwer damit tun, sie als lebendiges Wesen zu sehen. „Sie sehen die Erde eher als totes Rohstoff- und Ressourcenlager. Sie sezieren sie bei lebendigem Leib, aber das tut der Erde weh“, führte Breit aus. Was also ist zu tun? Das Zauberwort laute „weniger brauchen“. Immer wieder rief Breit dazu auf, die Erde mit mehr Respekt und Achtung zu behandeln. Und genau das ist auch die Zielsetzung der Aktion „Klimafasten“. Sie ermutigt ganz konkret dazu, das eigene Leben schöpfungs- und klimafreundlicher zu gestalten. Eine begleitende Broschüre vereint konkrete Tipps, Ideen und Anregungen in sich und legt Woche für Woche den Fokus auf ein anderes Thema.
Neu sind in diesem Jahr geistliche Impulse zu jeder Fastenwoche. Zudem wird es in der Fastenzeit einige Veranstaltungen und Aktionen geben, die beim „Klimafasten“ helfen sollen. Eine davon ist die „Solibrot“-Aktion des KDFB-Diözesanverbandes, die gemeinsam mit der „Klimafasten“-Aktion in der Biobäckerei Wagner offiziell gestartet wurde. Diese Solidaritätsaktion wird seit 2013 vom KDFB-Bundesverband und dem Katholischen Werk der Entwicklungszusammenarbeit MISEREOR gemeinsam getragen. Der Diözesanverband Passau ist bereits zum sechsten Mal dabei, gemeinsam mit rund 20 Zweigvereinen, einigen Schulen und zahlreichen Bäckereien. Das Prinzip: In der Fastenzeit wird ein so genanntes „Solibrot“ verkauft. Dabei handelt es sich entweder um ein speziell für die Aktion entwickeltes Brot oder um ein Brot aus dem üblichen Sortiment, das mit einem Benefizanteil in Höhe von 50 Cent pro Brot verkauft wird. Der Solidaritätszuschlag wird gespendet. Der KDFB-Diözesanverband hat sich wie in den Vorjahren für das „Rescue Dada Centre“ in Nairobi entschieden. Dabei handelt es sich um eine Zufluchtsstätte für Mädchen und junge Frauen, die auf der Straße leben müssen. In diesem Zentrum finden sie ein Zuhause, werden gut betreut und – wohl am Wichtigsten – haben Zugang zu Bildung. „Die Mädchen bekommen hier eine echte Perspektive“, betonte die Diözesanvorsitzende Bärbel Benkenstein-Matschiner.
Durch den Kauf von „Solibroten“ in der Diözese Passau haben Kunden also direkt die Chance, dazu beizutragen, dass Straßenmädchen in Kenia in eine bessere Zukunft starten können. Doch auch, wer sich in der Bäckerei nicht für das angebotene „Solibrot“ entscheidet, kann helfen: Durch eine kleine Spende in die aufgestellten Spendenboxen. Die Diözesanvorsitzende beleuchtete zudem, wie stark sich die „Solibrot“-Aktion weiterentwickelt hat. „2015 haben wir mit vier Bäckereien und sieben Zweigvereinen begonnen. Im letzten Jahr waren es dann bereits 29 Bäckereien, 30 Zweigvereine und drei Schulen, die sich der Solidaritätsaktion angeschlossen haben“, berichtete sie. Noch viel beeindruckender ist sicherlich das Spendenergebnis. „Insgesamt konnten wir im Rahmen der ‚Solibrot‘-Aktion 41 100 Euro spenden. Das ist wirklich beachtlich, denn 50 Cent tun uns allen nicht weh“, so Benkenstein-Matschiner weiter. Bundesweit seien sogar seit Start der Aktion rund 520 000 Euro zusammengekommen. „Wir hoffen sehr, dass die Aktion auch heuer zum Erfolg wird“, wünschte sich die KDFB-Diözesanvorsitzende.
Wie sehr beide Aktionen – das „Klimafasten“ und die „Solibrot“-Aktion – den Nerv der Zeit treffen, bewies der Teilnehmeransturm. Rund 70 Gäste waren gekommen, um beim Start der Aktionen dabei zu sein. Nach dem offiziellen Teil freuten sie sich über eine Bäckereiführung und bestaunten die gläserne Backstube der Biobäckerei Wagner.
Fotos und Text: Mareen Maier