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Interview: Bischof Oster reist in die USA

Redaktion am 12.10.2022

221012 Bischof Stefan reist in die USA Foto: Susanne Schmidt / pbp

Bischof Stefan Oster bricht am Sonntag zu einer achttägigen USA-Reise auf. Er wird unter anderem bei einer großen Konferenz einen Vortrag über Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. halten und verschiedene katholische Jugendorganisationen treffen. Im Gespräch mit Chefredakteur Wolfgang Krinninger vom Passauer Bistumsblatt erklärt Oster, mit welchen Erwartungen er ins Flugzeug steigt.

Herr Bischof Ste­fan, Sie sind acht Tage in den USA. Das Pro­gramm klingt nicht nach Urlaub. Wie kam es zu die­ser Rei­se und was sind die wich­tigs­ten Stationen?

Wir ver­bin­den zwei Anlie­gen: Zunächst bin ich in Washing­ton mit einer klei­nen Dele­ga­ti­on der Deut­schen Bischofs­kon­fe­renz. Wir hat­ten schon seit eini­ger Zeit geplant, vor Ort jugend- und beru­fungs­pas­to­ra­le Initia­ti­ven näher ken­nen­zu­ler­nen. Das geschieht die ers­ten Tage in Zusam­men­ar­beit mit Ver­tre­tern der ame­ri­ka­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz. Dann rei­sen wir wei­ter nach Steu­ben­ville im Bun­des­staat Ohio. Dort bin ich ein­ge­la­den wor­den, eine Kon­fe­renz an der dor­ti­gen Fran­zis­ka­ner-Uni­ver­si­tät zu besu­chen, an der es ein sehr leben­di­ges gläu­bi­ges Leben unter jun­gen Men­schen gibt. Es gibt dort eine grö­ße­re Kon­fe­renz über Joseph Ratz­in­ger, bei der ich den Abschluss­vor­trag hal­ten wer­de. Zudem wer­de ich jun­ge Men­schen tref­fen und zu ihnen über Evan­ge­li­sie­rung spre­chen, außer­dem die Got­tes­diens­te fei­ern, auch mal pre­di­gen und ähn­li­ches mehr.

Mit wel­chen Erwar­tun­gen stei­gen Sie in den Flieger?

Ich bin sehr gespannt. Auf der einen Sei­te ist die Situa­ti­on unse­rer Kir­che in den USA wohl ähn­lich wie bei uns: stark getrof­fen von der Säku­la­ri­sie­rung, auch pola­ri­siert. Aber ande­rer­seits gibt es blü­hen­de theo­lo­gi­sche Land­schaf­ten eben­so wie geist­li­che Aufbrüche. 

Sie wer­den selbst einen Vor­trag über Bene­dikt XVI. bzw. Joseph Ratz­in­ger hal­ten. Kön­nen Sie unse­ren Lese­rin­nen und Lesern kurz das The­ma skizzieren?

Es wird dar­um gehen, was Joseph Ratz­in­ger unter Kir­che ver­steht. Und ich selbst beschrei­be die­se so viel­fäl­ti­ge und kom­ple­xe Wirk­lich­keit Kir­che zunächst ein­mal — von der Bibel her — als Wohn­ort Got­tes in der Welt“. Gott ist in sei­ner Kir­che da. In einem zwei­ten Schritt zei­ge ich, dass das in der Mut­ter Jesu, in Maria, am tiefs­ten ver­wirk­licht ist. In einem gewis­sen Sinn kann man ja sagen: Maria ist selbst die Kir­che in Per­son, weil Gott in ihr tie­fer Woh­nung genom­men“ hat als je zuvor in einem Geschöpf. Von dort her den­ke ich dann mit Joseph Ratz­in­ger wei­ter: Was heißt das dann für unse­re Kir­chen­er­fah­rung heu­te? In die­se Rich­tung wird es gehen.

Wel­chen Stel­len­wert hat der Papst em. in den Ver­ei­nig­ten Staaten?

Das lässt sich nicht ein­fach beant­wor­ten, weil die Kir­chen­wirk­lich­keit dort ähn­lich dif­fe­ren­ziert ist wie bei uns. Ich habe aber z.B. bei einer ver­gan­ge­nen Rei­se vor vier Jah­ren ein wenig erstaunt wahr­ge­nom­men, dass gera­de unter denen, die die neue Evan­ge­li­sie­rung för­dern wol­len, die Päps­te Johan­nes Paul II. und Bene­dikt XVI. ganz hoch im Kurs ste­hen und sehr star­ke Iden­ti­fi­ka­ti­ons­fi­gu­ren sind. Auch Papst Fran­zis­kus war in die­sen Grup­pen sehr ange­se­hen, vor allem für sei­nen Text Evan­ge­lii gau­di­um. Und unter katho­li­schen Intel­lek­tu­el­len wird Bene­dikt XVI. natür­lich eben­falls über­aus geschätzt — und als gro­ßer Theo­lo­ge gese­hen. Ich neh­me aber auch wahr, dass es quan­ti­ta­tiv stär­ker als bei uns deut­lich tra­di­ti­ons­ori­en­tier­te Grup­pen gibt, die sich z.B. schwer damit tun, dass Fran­zis­kus die so genann­te Alte Mes­se eher wie­der ein­ge­schränkt sehen will. Und auch die­se Grup­pen favo­ri­sie­ren stär­ker Bene­dikt XVI. Aber wie gesagt, das sind sehr punk­tu­el­le Wahrnehmungen. 

Auch in den USA muss die katho­li­sche Kir­che Kon­flik­te aus­hal­ten. Erst unlängst hat Kar­di­nal Mario Grech die US-Bischö­fe auf­ge­for­dert, mehr auf die Gläu­bi­gen zu hören. Wie neh­men Sie selbst die Katho­li­sche Kir­che in den USA wahr?

Ich habe noch nicht viel Erfah­rung vor Ort gewon­nen. Daher freue ich mich auf neue. Aber neben dem, was ich in der letz­ten Fra­ge schon geant­wor­tet habe, stau­ne ich von der Fer­ne über die Evan­ge­li­sie­rungs­ak­ti­vi­tä­ten im Netz. Der lehr­amts­treue Stu­den­ten­pfar­rer Mike Schmitz bei­spiels­wei­se erreicht mit sei­nen Vide­os und Pod­casts Mil­lio­nen von Men­schen. Er hat­te im ver­gan­ge­nen Jahr z.B. einen täg­li­chen Pod­cast gemacht: Die Bibel in einem Jahr“ und war damit der erfolg­reichs­te Pod­cas­ter der USA. So etwas wäre in Deutsch­land — wenigs­tens der­zeit — wohl kaum möglich.

Die USA waren für vie­le Euro­pä­er über vie­le Jahr­zehn­te Sehn­suchts­land. Das hat sich geän­dert. Mitt­ler­wei­le geht ein tie­fer Riss durch die Gesell­schaft und vie­le haben Angst um die Demo­kra­tie in die­sem Land. Wie sehen Sie die Ent­wick­lung in den USA

Auch hier: Ich tu mich schwer, aus der Fer­ne so eine Ent­wick­lung ein­zu­schät­zen, die ich im Grun­de nur aus den Medi­en ken­ne. Dass aber ein Mann wie Donald Trump in der wich­tigs­ten Demo­kra­tie der Welt Prä­si­dent wer­den konn­te, hat mich damals doch sehr über­rascht – und auch mei­ne Skep­sis dar­über ver­mehrt, wie und unter wel­chen Ein­flüs­sen sich dort demo­kra­ti­sche Ent­schei­dungs­pro­zes­se heu­te voll­zie­hen. Damit mei­ne ich Ein­fluss­nah­men etwa durch Geld, digi­ta­le Tech­no­lo­gien oder auch reli­giö­se Extreme. 

Sie ler­nen bei Ihrer Rei­se auch eini­ge katho­li­sche Jugend­be­we­gun­gen ken­nen. Was erhof­fen Sie sich von die­sen Begeg­nun­gen? Schafft es die Kir­che in den USA auch die jün­ge­re Gene­ra­ti­on zu erreichen?

Ja, das neh­me ich so wahr. Es gibt gro­ße Fes­ti­vals und Kon­gres­se, bei denen Tau­sen­de von jun­gen Men­schen kom­men. Wenn ich recht infor­miert bin, ist der Kir­chen­be­such der Katho­li­ken in den USA durch­schnitt­lich noch bei über 20 Pro­zent. Das wären etwa vier Mal so vie­le wie bei uns. Und damit auch deut­lich mehr jun­ge Men­schen. Auch das The­ma neue Evan­ge­li­sie­rung wird dort nach mei­ner Ein­schät­zung von vie­len Men­schen wesent­lich unver­krampf­ter als bei uns ange­gan­gen — und trägt auch Früch­te. Ande­rer­seits wird auch in den USA die Zahl der jun­gen Men­schen, die die Kir­che ver­las­sen, täg­lich grö­ßer. Aus ähn­li­chen Grün­den wie bei uns, ins­be­son­de­re durch die Säku­la­ri­sie­rung und Indi­vi­dua­li­sie­rung, durch die Miss­brauchs­kri­se, die es auch dort mas­siv gege­ben hat und gibt, und viel­leicht noch mehr als bei uns durch die Fra­gen, wie denn Glau­ben und Wis­sen­schaft zusam­men gehen.

Inter­view: Wolf­gang Krin­nin­ger, Chef­re­dak­teur Pas­sau­er Bistumsblatt/​Altöttinger Liebfrauenbote

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