Vor wenigen Tagen haben die deutschen Bistümer die Zahlen zur Kirchenstatistik 2019 veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass viele Menschen die Kirche verlassen haben, im Bistum Passau insgesamt 4281 Frauen und Männer. Bischof Stefan Oster SDB ist sich sicher, dass es deshalb in Zukunft insgesamt noch stärker als heute um das persönliche Zeugnis der Gläubigen gehen wird.
Die Gründe für einen Kirchenaustritt sind auch im Bistum Passau vielfältig und vielschichtig. Es gibt ja inzwischen in Deutschland auch einige wissenschaftliche Untersuchungen, die sich mit diesen Fragen beschäftigen und uns Auskunft geben. Natürlich spielen Themen wie die Kirchensteuer oder große, auch medial bundesweit geführte Debatten um Themen wie Frauenpriestertum und die kirchliche Sexualmoral eine Rolle; auch der Umgang der Kirche mit sexuellem Missbrauch oder mancher Finanzskandal. Allerdings nehmen wir auch wahr, dass diese Debatten häufig nur der Tropfen sind, der das Fass zum Überlaufen bringt. Entscheidender ist, dass diesem Schritt zumeist eine schon längere Phase der Entfremdung vorausgeht. Viele Menschen entfernen sich in unserer Gesellschaft innerlich von Gott und der Kirche. Und während viele früher wie selbstverständlich in gläubige Praxis und religiöses Wissen hineingewachsen sind, wachsen sie heute eher wie selbstverständlich hinaus. Bischof Stefan Oster sagt: „Und wenn wir ehrlich sind, dann haben wir als Kirche auch hier Versäumnisse: Uns gelingt es nicht allzu gut, die Schönheit und Tiefe des christlichen Glaubens auch in seiner intellektuellen und spirituellen Dimension heute neu zu vermitteln, so dass Menschen von heute sich angesprochen fühlen würden. Wir setzen vielfach noch immer stark auf Methoden, die in volkskirchlich gewachsenen Glaubensgemeinschaften funktioniert haben, aber heute längst an ihre Grenzen gekommen sind. Hier ist eine echte Suchbewegung nötig.“
Bischof Oster ist überzeugt, dass es heute darum gehen muss, Wege zu finden, wie den Menschen ihre konkreten Lebenserfahrungen auf einem gläubigen Hintergrund neu gedeutet werden können, wie sie so spirituelle Erfahrungen in gläubiger Gemeinschaft machen und auf diesem Weg dann auch inhaltlich mit dem Evangelium vertraut gemacht werden können.Im Bistum Passau wurde deshalb vieles auf den Weg gebracht. Die Jugendarbeit nimmt einen hohen Stellenwert ein. Es laufen zahlreiche Projekte, um jungen Menschen in den Glauben zu helfen, aber auch kirchenfernere und suchende Menschen zu unterstützen, in den christlichen Glauben hineinzufinden. Insbesondere die Frage, wie heute Evangelisierung neu gelingen kann, beschäftigt viele Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Bistum. Natürlich setzt auch Bischof Oster persönlich auf neue Wege wie die sozialen Medien oder konkrete Formate der Begegnung, um Menschen, vor allem auch jüngere, zu erreichen. Diese Tätigkeiten, und in jüngerer Zeit auch die regelmäßigen Live-Übertragungen von Pontifikalgottesdiensten während des Lockdowns infolge von Covid-19, stoßen auf breite Zustimmung und große Dankbarkeit. „Sicher wird es in Zukunft insgesamt noch stärker als heute um das persönliche Zeugnis derjenigen Gläubigen gehen, die entschieden und engagiert aus ihrem Glauben leben und deshalb für andere da sein wollen“, so der Bischof.