2019 Geschichte Archiv Bistumsblatt Erste Ausgabe Foto: Bayer/pbp

Schreiben in der Diktatur – Das Bistumsblatt 1936-1941

Am 1. Juli 1936 erschien die ers­te Num­mer des Pas­sau­er Bis­tums­blat­tes”. In vie­len Diö­ze­sen Deutsch­lands gab es bereits ver­gleich­ba­re kirch­li­che Wochen­zeit­schrif­ten. Nach­dem die Natio­nal­so­zia­lis­ten nach 1933 die Kir­chen immer mehr aus der Öffent­lich­keit zurück­ge­drängt hat­ten, stell­ten die­se Zeit­schrif­ten, geschützt durch das Reichs­kon­kor­dat, eine der weni­gen ver­blie­be­nen Mög­lich­kei­ten dar, über die Kan­zel hin­aus das Kir­chen­volk mit eige­nen Bot­schaf­ten zu errei­chen. Mit einer Auf­la­ge von 20.000 Exem­pla­ren zu Beginn und einer Stei­ge­rung bis zu 28.000 Stück im Jahr 1937 schu­fen sich Bischof Simon Kon­rad Land­ers­dor­fer und das Ordi­na­ri­at in Pas­sau eine ver­gleichs­wei­se brei­te Basis, um trotz schwie­ri­ger poli­ti­scher Bedin­gun­gen mit dem Kir­chen­volk in Kon­takt zu treten.

Der Sprach­duk­tus des Bis­tums­blat­tes stellt den heu­ti­gen Leser vor gro­ße Her­aus­for­de­rung; dies gilt aller­dings für alle Druck­wer­ke der ers­ten Hälf­te des 20. Jahr­hun­derts. In den ver­gan­ge­nen etwa 50 Jah­ren haben sich Spra­che, Begriff­lich­kei­ten und Bedeu­tun­gen ver­än­dert; vie­le Aus­dru­cke, die in der ers­ten Hälf­te des 20. Jahr­hun­derts noch ganz selbst­ver­ständ­lich und unhin­ter­fragt gebraucht wur­den, wir­ken heu­te ver­al­tet oder sind nega­tiv kon­no­tiert. Das Bis­tums­blatt gebrauch­te aber den gän­gi­gen Sprach­duk­tus der 1930er und 1940er Jahre.

Das Pas­sau­er Bis­tums­blatt” ist ein Zeug­nis sei­ner Zeit. Es doku­men­tiert den Ver­such der Kir­che, unter den Bedin­gun­gen von Dika­ta­tur christ­li­ches Leben zu wah­ren und christ­li­che Kern­bot­schaf­ten einem unmensch­li­chen Sys­tem ent­ge­gen­zu­stel­len. Aber die Redak­teu­re waren selbst­ver­ständ­lich auch Kin­der ihrer Zeit: der Wunsch nach natio­na­ler Grö­ße”, das Trau­ma und die feh­len­de Ver­ar­bei­tung des Ers­ten Welt­kriegs und vor allem auch die feh­len­de kri­ti­sche Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Krieg 1914 – 1918, die natio­na­le Eupho­rie seit den schnel­len Erfol­gen und Sie­gen der Wehr­macht in der Anfangs­zeit des Zwei­ten Welt­kriegs etc. prä­gen den Ton­fall auch des Bis­tums­blat­tes. Bemer­kens­wert ist, dass das Bis­tums­blatt die Unbe­dingt­heit des Alten Tes­ta­ments für das Chris­ten­tum dezi­diert und mit schar­fen Wor­ten ein­for­dert, und damit indi­rekt auch gegen die Dif­fa­mie­rung und stei­gen­de Aus­gren­zung jüdi­scher Men­schen Stel­lung bezieht. Eine Ver­tei­di­gung jüdi­schen Lebens in Deutsch­land sucht man frei­lich vergebens.

Damit bekennt sich die Kir­che von Pas­sau zu ihrer hohen Ver­ant­wor­tung gegen­über der Geschich­te. Sie will damit am Bei­spiel des Bis­tums­blat­tes zei­gen, vor wel­chen Her­aus­for­de­run­gen die Kir­che von Pas­sau in der Zeit des Natio­nal­so­zia­lis­mus gestan­den hat, an wel­chen Punk­ten sie ihrem Auf­trag zu wenig gerecht gewor­den ist, aber auch, wo sie mutig alles ver­such­te, um in wid­ri­gen Umstän­den die christ­li­che Bot­schaft und dar­aus sich erge­ben­de Lebens­ma­xi­men wach zu erhalten.