Fragen & Antworten
Hier finden Sie Antworten auf die am häufigsten gestellten Fragen, rund um das Thema sexueller Missbrauch.
Welche Haltungen prägen den Umgang des Bistums Passau mit dem Thema des „sexuellen Missbrauchs“?
Die Kirche von Passau verfolgt eine Haltung der Nulltoleranz gegenüber sexualisierter Gewalt. Wir dulden keine Formen von sexualisierter Gewalt (Grenzverletzungen, übergriffiges Verhalten strafrechtliche Formen), ebenso entschieden können wir dies für körperliche und psychische Gewalt sagen. Die erste Sorge gilt den Betroffenen und ihren Bedürfnissen. Wir sind Hörende und Begleiter und lassen ihnen unsere Aufmerksamkeit zukommen.
Das Thema sexualisierte Gewalt wird nicht tabuisiert. Wir wissen um die Vorfälle in der Vergangenheit und bringen diese zur Sprache. Aus den Vorfällen der Vergangenheit und den Schilderungen von Betroffenen haben wir Erkenntnisse gewonnen und Handlungen für Gegenwart und Zukunft festgelegt.
Wir wissen um die gesamtgesellschaftliche Bedeutung des Themas. Durch die Präventionsarbeit geben wir Impulse für eine „Kultur des achtsamen Miteinanders“, die innerhalb als auch außerhalb der Kirche Wirkung entfalten.
Beschuldigte sollen mit allen Möglichkeiten der staatlichen und der kirchlichen Gerichtsbarkeit zur Rechenschaft gezogen werden. Es wird so transparent wie möglich informiert.
Wie erfährt das Bistum Passau von Fällen sexuellen Missbrauchs und wie ist dann das Verfahren?
Das Bistum Passau bittet Betroffene von sexualisierter Gewalt (oder andere, die Kenntnis von Taten haben) sich an die Ansprechpersonen für Verdachtsfälle von sexuellem Missbrauch zu wenden. Die Ansprechpersonen sind vom Bistum weisungsunabhängig, sie sind nicht beim Bistum angestellt und stehen in keinem Abhängigkeitsverhältnis zum Bistum. Zudem gibt es die Möglichkeit sich an nichtkirchliche Fachberatungsdienste als unabhängige Anlaufstellen zu wenden. Die Ansprechpersonen nehmen die Fälle auf, führen eine Plausibilitätsprüfung durch und geben den Verdachtsfall bzw. Vorfall an die Interventionsbeauftragte weiter, die die weiteren Schritte koordiniert. Dabei beachtet sie in jedem Einzelfall die jeweiligen Besonderheiten (kein Fall ist wie der andere), ebenso wird auf Wünsche des oder der Betroffenen Rücksicht genommen.
Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang die Meldepflicht von Beschäftigten bei Verdachtsfällen, die einem im dienstlichen Kontext zur Kenntnis gelangt sind.
Arbeitet das Bistum Passau mit der Staatsanwaltschaft zusammen?
Das Bistum arbeitet eng mit der Staatsanwaltschaft zusammen.
Die katholische Kirche ist kein Staat im Staate. Für die strafrechtliche Sanktionierung von Fehlverhalten, auch von Klerikern und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kirche, sind die staatlichen Strafverfolgungsbehörden zuständig. Das Bistum übergibt Verdachtsfälle sexuellen Missbrauchs an die Staatsanwaltschaft, wobei es auch die Rechte der Betroffenen achtet. Das Selbstbestimmungsrecht von Betroffenen bzw. bei Minderjährigen zusätzlich das der Erziehungsberechtigten, ist im Rahmen der staatlichen Gesetze zu achten.
Warum gibt es überhaupt kirchliche Verfahren bei Fällen bzw. Verdachtsfällen sexuellen Missbrauchs?
Grundsätzlich gilt: Das kirchliche Strafverfahren ersetzt niemals das staatliche Verfahren. Wer sich nach weltlichem Recht strafbar gemacht hat, unterliegt der staatlichen Gerichtsbarkeit und wird dort zur Verantwortung gezogen. Die Erfahrung zeigt aber, dass Staatsanwaltschaften Verfahren in vielen Fällen einstellen, weil die Fakten für eine Verurteilung wegen sexuellen Missbrauchs nicht ausreichen oder weil die angezeigten Taten verjährt sind.
Unabhängig vom Ausgang der staatlichen Rechtsverfolgung, wird ein kirchliches Verfahren durchgeführt. Das kirchenrechtliche Strafrecht bietet insbesondere in solchen Fällen die Möglichkeit, Beschuldigte dennoch zur Rechenschaft zu ziehen. Zudem gibt es im Kirchenrecht eigene Straftatbestände und Rechtsvorschriften die Berücksichtigung finden.
Wie wird das Bistum Passau seiner Verantwortung gegenüber Klerikern und Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern gerecht, die beschuldigt werden?
Auch für beschuldigte Personen gilt zunächst die Unschuldsvermutung. Sollte seitens der Strafermittlungsbehörden oder der Gerichte keine Anklage oder Verurteilung erfolgen, gilt die betreffende Person als unschuldig im strafrechtlichen Sinn. Gänzlich unabhängig davon erfolgt die dienst- und arbeitsrechtliche Beurteilung der Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchs oder Grenzüberschreitungen. Das Bistum wird geeignete Maßnahmen ergreifen, wenn die Meldungen hinreichend begründet sind.
Sollten sich erhobene Vorwürfe nicht bestätigen, erfolgt eine entsprechende Rehabilitierung der oder des Beschuldigten durch das Bistum.
Was geschieht mit einer Person, die beschuldigt wird, Kinder, Jugendliche sowie schutz- oder hilfebedürftige Erwachsene sexuell missbraucht zu haben?
Der Bischof stellt den betreffenden Kleriker unmittelbar von seinem Dienst frei und untersagt beispielsweise die Ausübung des Amtes.
Für den Bereich der übrigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gilt ein entsprechendes Vorgehen. Die jeweiligen Trägerverantwortlichen entscheiden über kurzfristige Maßnahmen, wie zum Beispiel die Freistellung vom Dienst, und über sich dann evtl. anschließende weitere arbeitsrechtliche Schritte (beispielsweise die Kündigung des Dienstverhältnisses).
Was geschieht mit einer überführten Täterin oder Täter?
Gegen im kirchlichen Dienst Tätige, die Minderjährige sowie schutz- oder hilfebedürftige Erwachsene missbraucht haben, können Maßnahmen verhängt werden, wie z. B.
- die Person wird nicht mehr in der Arbeit mit Minderjährige sowie schutz- oder hilfebedürftige Erwachsene eingesetzt;
- es kann untersagt werden den Gottesdienst zu feiern und Sakramente zu spenden;
- Maßnahmen wie etwa die Entlassung aus dem Klerikerstand und/oder Gehaltskürzungen können aus dem kirchlichen Verfahren folgen.
- Kleriker werden unverzüglich der Nachsorge durch den Bischof unterstellt mit dem Ziel der Kontrolle der Einhaltung der Auflagen aus vorausgehenden bischöflichen / römischen Dekreten. Die Nachsorge umfasst grundsätzlich regelmäßige Kontrollmaßnahmen, die durch Entscheid des Bischofs in Häufigkeit und Ausgestaltung jeweils an den individuellen Status des Betroffenen angepasst werden können.
Bei den übrigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gilt, dass arbeitsrechtliche Maßnahmen in jedem Fall unabhängig von staatlichen (straf-)rechtlichen Maßnahmen ergriffen werden.
Was macht das Bistum Passau konkret, um die Vergangenheit aufzuarbeiten?
Das Bistum hat im Rahmen des Forschungsprojektes „Sexueller Missbrauch an Minderjährigen durch kath. Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“ (sogenannte MHG Studie; 2018) Personalakten sichten lassen und alle Hinweise auf sexualisierte Gewalt an die Forschergruppe weitergegeben.
Zudem wurde Anfang des Jahres 2021 eine unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs im Bistum Passau konstituiert. Die Kommissionsmitglieder sind Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft, Fachpraxis, Justiz, öffentlicher Verwaltung sowie Betroffene.
Der Diözesanvermögensverwaltungsrat des Bistums Passau hat der Durchführung der historisch-wissenschaftlichen Studie an der Universität Passau mit dem Thema „Sexueller Missbrauch von minderjährigen Schutzbefohlenen durch katholische Kleriker im Bistum Passau 1945 – 2020 Ausmaß und Umstände – Reaktionen und Handhabung seitens Kirche, Öffentlichkeit und sozialem Umfeld der Betroffenen“ unter Leitung von Herrn Professor Dr. Marc von Knorring zugestimmt. Die Studie soll Ende Juli 2025, spätestens Ende Oktober 2025 fertiggestellt und vorgelegt werden.
Was tut das Bistum Passau, um sexuellen Missbrauch künftig möglichst zu verhindern?
Das Bistum Passau hat eine eigene Koordinationsstelle zur Prävention gegen sexualisierte Gewalt, die als Stabstelle direkt an den Generalvikar angegliedert ist. Um den Präventionsauftrag „eine Kultur des achtsamen Miteinanders“ weiterzuentwickeln, ist die Stelle personell ausgebaut worden.
Die Präventionsarbeit im Bistum trägt dazu bei, dass Sprechräume für Austausch und Reflexion eröffnet werden. Sie vermittelt Handlungssicherheit in diesem Themenfeld und befähigt das Richtige im Umgang mit Betroffenen zu tun. Präventionsarbeit signalisiert auch Betroffenen, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Kleriker zu diesem Thema ansprechbar sind, zuhören und aushalten können und gemeinsam die notwendigen Schritte gehen.
Konkret ist es ein Bündel von Präventionsmaßnahmen, das auf unterschiedlichen Ebenen und Einrichtungen umgesetzt wird. Hierzu gehört die gesetzliche Verpflichtung, die erweiterten Führungszeugnisse alle 5 Jahre von allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie Klerikern zur Einsichtnahme vorlegen zu lassen. Durch diese Maßnahme soll verhindert werden, dass einschlägig vorbestrafte Personen überhaupt zum Einsatz kommen.
Darüber hinaus hat das Bistum sich selbst weitere Präventionsmaßnahmen auferlegt. Präventionsschulungen in regelmäßigen Abständen für alle Beschäftigten (seit 2012), Information über Vorgehensweise bei Verdachtsfällen und Mitteilungsfällen, Information über innerkirchliche und nicht kirchliche Beratungsmöglichkeiten, Verhaltensregeln für einen professionellen Umgang, spezifische Schulungen für Multiplikatoren (z. B. Cybergrooming) usw. Die Maßnahmen werden in einem sog. Institutionellen Schutzkonzept gebündelt und transparent öffentlich gemacht.
An wen können sich Betroffene wenden oder auch Menschen, die einen Verdacht haben, dass es einen sexuellen Missbrauch gibt?
Betroffene oder andere, die von sexuellem Missbrauch durch Kleriker oder andere Mitarbeitende im Bistum Passau Kenntnis erhalten, können sich an die unabhängigen Ansprechpersonen, die Interventionsbeauftragte oder auch die nichtkirchlichen Fachberatungsdienste wenden.
Wie unterstützt das Bistum Passau die Betroffenen?
Betroffene erleben die Haltung: Wir hören zu. Wir nehmen ernst. Darüber hinaus werden Betroffene zu Beteiligten im Verfahren und treffen auf empathische Gesprächspartner. Alles richtet sich an dem Ziel aus, die Vorfälle bestmöglich zu verarbeiten und Retraumatisierungen zu vermeiden.
Konkret stehen den Betroffenen Zahlungen zur Anerkennung des Leids zu. Auch beraterische, therapeutische und seelsorgliche Angebote werden vermittelt und anfallende Kosten übernommen.
Darüber hinaus wurde im Oktober 2021 ein unabhängiger Betroffenenbeirat gegründet. Dieser versteht sich als Anlaufstelle für Betroffene und Impulsgeber für Aufarbeitungsprozesse und Präventionsmaßnahmen.
Hier die Infobroschüre des Bistums Passau:
Sie haben Fragen zum Thema? Wir helfen Ihnen gerne.
Antonia Murr
Interventionsbeauftragte
Bettina Sturm
Präventionsbeauftragte